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©tu dankbarer Geselle.
Nach diesen Worten sah ich ihm ins Gesicht, ob darin nicht etwa
Spuren wären von einem Seitenstoß, der mir gegolten hätte; denn
über meine Tüchtigkeit im Handwerke hatte sich weder er noch mein
Gewissen bisher unumwunden ausgesprochen. Indes fukw er fort:
„Daß dir jetzt das Loch in die Welt offen ist, das weißt. Nur
um drei Wochen eher sagen tu mir's, wenn du dich fremd machen
willst. Bleibst mir aber noch länger, so gefreut es mich, und verhoff'
ich, daß wir trutz der vielen Herren Schneider, die ins Land kommen
sind jetzund, schon noch Arbeit haben werden all' zwei. Bei mir hast
die Wochen neunzig Kreuzer und kannst es mit der Zeit noch aus einen
Gulden bringen. Wer mehr geben kann heutzutag', der zwickt's den
Kunden ab. Ich tu', was recht ist."
Und dieses Gespräch am Arbeitstisch war eigentlich die ganze
Freisprechung. Des Meisters Wort hatte ich nun, aber den Gulden
hatte ich nicht, und so ließ ich den Freibrief fahren. Wenn es in
Birkfeld noch ein Schneiderinnungsamt gibt, so habe ich meinen Frei¬
brief noch heute dort zugute. Ich möchte drum bitten.
Peter Rosegger. „Aus meinem Handwerkerleben."
12. Km dankbarer Oesesse.
Besiegelt wurde mein Eintritt in den Gesellenstand an einem
der nächsten Sonntage im Wirtshaus mit Wein und Braten, vom
Meister feierlich vorgesetzt, für mich bezahlt und von mir verzehrt.
An dem Abende desselben Tages auf meinem glückseligen Heimweg
— denn glückselig war er in meinem Bewußtsein, daß an den Bauern¬
häusern, die am Wege standen, jetzt kein Schneiderlehrling vorbeiging,
sondern ein „Gesell", der mit andern Gesellen Du und Du sein
darf und im Wirtshaus sitzen und Tabak rauchen und die Lehrbuben
auslachen — auf diesem glückseligen Heimweg schlug sich der Schneider
Steff zu mir. Das war ein junges glattes Männlein mit einem
blühweißen Gesicht und einem dunklen Schnurrbärtchen, ein Freund
der Bäuerinnen und ein Ärgernis der alten hausgesessenen Meister.
Er hatte sich kurz zuvor in unsrer Gegend angesiedelt, und in seinem
schlechten Deutsch — er war ein Ungar — wußte er den Leuten die
Vorzüglichkeit und Billigkeit seiner Arbeiten vollends klar und be¬
greiflich zu machen. Das war der, den mein Lehrmeister mit dem
„Schwätzer" gemeint hatte.
Er rief mir einen so lustigen und kameradschaftlichen Gruß zu,
als hätten wir seit Erschaffung der Welt miteinander aus einer Schüssel
gegessen. Und doch mußte er so gut wie ich wissen, daß wir bisher
Feinde gewesen waren; denn mein und jedes alten braven Meisters
Glaubensbekenntnis mußte lauten: Ein Gott im Himmel und ein
Schneidermeister auf Erden! Und ich als treuer Jünger und zukünftiger
Lehrmeister begann denselben Haß und dieselbe Verachtung gegen
den jungen Eindringling zu nähren, der einem solchen von Rechts
weüen zukommt!