Full text: Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen

9. Die große Tieflandsmulde Südamerikas. 87 
flüsse (gegen 200); darunter finden sich viele Ströme ersten Ranges, die an Größe 
die meisten deutschen Ströme übertreffen. Die bedeutendsten sind der Rio 
Negro von links her, der Purus, Madeira und Xingu von rechts her. 
Was hat der große Wasserreichtum zur Folge gehabt? In- 
folge der ungeheuren Wassermassen ist der Strom so mächtig, daß er be- 
ständig weite und tiefe Buchten in die User wühlt. So kommt es, daß 
sich längs des Stromes zahlreiche Uferseen gebildet haben. Die gewaltigen 
Wassermassen haben auch tiefe Kanäle geschaffen, die an verschiedenen Stellen 
eine derartige Ausdehnung annehmen, daß sie verschiedene Flüffe miteinander 
netzartig verbinden. So stehen z. B. Purus uud Madeira durch solche 
Kanäle in mehrfacher Verbindung. Durch diese vielfache Verzweigung des 
Stromes entstehen im Strombett des Stromriesen zahlreiche Inseln. — Die 
gewaltigen Wassermassen unterwühlen die Uferwände; ganze Strecken sinken 
mit donnergleichem Rollen in den Strom und die entwurzelten Stämme 
werden von den Fluten mit fortgerissen. Deshalb ist der Strom zu allen 
Zeiten mit großen Treibholzmassen bedeckt. Viele der Stämme stranden an 
den Inseln oder setzen sich an den Ufern fest und werden so die Veran- 
lassung zur Bildung neuer Sandbänke, durch die der Strom aus seiner 
Bahn gedrängt wird. Infolgedessen wechselt die Stromrinne häufig. 
Zusammenfassung: Lage, Ausdehnung und Bodennatur des tropischen 
Urwaldes. 
2. Inwiefern ist Amazonien das größte und reichste Holzmagazin 
der Erde und wodurch ist es dasselbe geworden? 
Das ganze Tiefland Amazoniens bildet einen einzigen mächtigen Urwald 
von unendlicher Ausdehnung, üppiger Fülle und großer Mannigfaltigkeit. 
Gleich gewaltigen Säulen erheben sich die meisten Bäume kerzengerade 
turmhoch empor und vereinigen in luftiger Höhe ihre gewaltigen Kronen 
zu einer einzigen grünen undurchdringlichen Decke, durch die nur selten 
einmal ein Sonnenstrahl huscht. Darum herrscht in dem Urwald immer 
ein geheimnisvolles Dämmerlicht. 
Ein buntes Pflanzengewimmel der verschiedensten, einander ganz 
fremden Gewächse tritt uns hier entgegen, die dicht neben-, an- und aufeinander 
wachsen und stufenförmig übereinander erheben. Da streben ungeheure Feigen- 
und Lorbeerbäume 40 m hoch zum Himmel empor und weisen einen 
Durchmesser von 5 in über der Wurzel auf. Daneben erheben sich gewaltige 
Zedern- und Polisanderbäume und Palmen aller Art, Kautschuk- 
und Chinarindenbäume mischen sich darunter. Der Raum zwischen den 
riesenhaften Stämmen wird durch ein endloses Pflanzengewirr ausgefüllt, 
durch das man nur mit der Axt den Weg zu bahnen vermag. Da streben 
baumartige Nachtschatten, rauhblättrige Psessergewächse und strauchartige 
Nesseln vom Boden empor; dazwischen gedeihen riesige Schachtelhalme, 
Farne werden baumartig, und gewaltige Pilze schießen aus dem Moder des ab- 
gefallenen Laubes auf. Die Verwirrung ist riesengroß. Alles erscheint wie ein 
großes Netzwerk. Schlingpflanzen aller Art ranken sich an den riefen- 
starken Stämmen empor, klettern von Baum zu Baum und spannen ein
	        
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