Full text: Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen

vorhanden, und damit läßt sich bei dem reichlichen Wasservorrat eins 
Kraft von zehn Pferden herstellen. Ls ist ein totes Kapital, 
das wir da unbenutzt liegen haben." 
„Ich weiß es wohl, mein Sohn," erwiderte der Vater. „Des¬ 
halb habe ich auch die wiese hinter der Scheune nimmer verkaufen 
mögen, soviel der Nachbar auch schon dafür geboten hat." 
„Nun, so laß uns eine wühle bauen; das holz dazu haben 
wir ja in unserem Walde. Ls stehen dort so viele schlagreife Tannen 
und Lichen. Die gehören auch schon zum Loten Kapital; denn sie 
haben keinen Zuwachs mehr und müssen faulen, wenn sie nicht ge¬ 
schlagen werden." 
„Auch das ist richtig, lieber Junge," sagte der Vater, „aber 
es gehört doch noch mehr dazu; denn um deine toten Kapitalien 
zur Nutzung zu bringen, muß man erst noch recht viel andere 
lebendige Kapitalien dazulegen. Der wühlenbau verschlingt zunächst 
ein starkes Anlagekapital, von dem wir das Grundstück und 
das holz zwar haben, die Arbeitslöhne, die Steine und Ziegel, die 
waschinen und die zahllosen Lisenteile aber kaufen müssen. Auch 
unsere Gespanne müssen wir vermehren, zunächst zum Bau, nachher 
zum Betriebe; denn was wir auch mit der Wasserkraft anfangen 
mögen, wir müssen die Rohstoffe, die wir vermahlen oder zerschneiden 
oder zerstampfen wollen, erst anfahren. Nach dem Anlagekapital 
aber kommt das Betriebskapital, das auch bedeutend ist; denn 
wir müssen Gesellen halten, das ganze Gesinde vermehren und den 
wühlenkunden mancherlei Kredit und Vorschüsse gewähren. Das 
Anlagekapital wird 20 000 wark, das Betriebskapital W 000 wark 
erfordern. Das will doch sehr überlegt sein, ob wir die Zinsen 
davon herauswirtschaften werden. Borgen wenigstens möchte ich 
das Geld nicht. Aber ich dachte mir so, daß in etwa drei Jahren 
unser ganzer Wald schlagreif ist; dann rechne ich auf etwa 30 000 
wark holzerlös, und dann wollen wir noch einmal von der Sache 
sprechen." Mahraun. 
45. Aus Alfred Krupps Leben. 
Große Unternehmungen sind oft aus den kleinsten Anfängen hervor¬ 
gegangen und haben ihren Schöpfern harte Arbeit, vielfache Verkennung 
und manche andere Widerwärtigkeit gebracht. Diese Erfahrung hatte 
auch Alfted Krupp zu machen, als er, obgleich erst 14 Jahre alt, beim Tode 
seines Vaters im Oktober 1826 die Leitung der Fabrik auf seine jungen 
Schultern nehmen mußte. Die Mutter Alfted Krupps zeigte die Fort¬ 
führung des Betriebes in folgendem Rundschreiben an: 
Den geschätzten Handelsfteunden meines verstorbenen Gatten 
beehre ich mich, die Anzeige zu machen, daß durch sein ftühes Hin¬ 
scheiden das Geheimnis der Bereitung des Gußstahls nicht verloren 
gegangen, sondern durch seine Vorsorge auf unseren ältesten Sohn,
	        
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