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(ober die Gemeinde u. dgl.) kann das, denn den Besitzern der Schuld-
verschreibungen liegt gar nichts daran, ihr Geld zurückzuerhalten: sie
wollen vielmehr die Zinsen beziehen, sie sind Mitglieder der besitzenden
Klassen, welche auf diese Weise ihr Vermögen anlegen, d. h. sich das Recht
auf deu Bezug einer Verzinsung sichern von den mit diesen Zinsen Be¬
lasteten, also hier den Steuerzahlern des Staates oder der Gemeinde.
Und ebenso ist es mit den „Obligationen"'), welche Eisenbahnen oder
Fabrikunternehmer ausgeben. Krupp z. B. gab einst für 24 Millionen
Mark Schuldverschreibungen aus zum Ankauf einer Konkurrenzfabrik,
und massenhaft sind die Obligationen von Eisenbahnen und Aktien¬
gesellschaften. Die Zinsen werden hier aufgebracht von den Benutzern
der Bahn und sonstiger wirtschaftlicher Unternehmungen.
Einen andern Charakter als jene bisher betrachteten „Obliga¬
tionen", welche Gläubigerrechte darstellen, haben die Aktien und die
ihnen ähnlichen Werte (Bergwerksanteile: sogenannte „Kuxe", Schiffs¬
anieile: sogenannte „Schiffsparten" u. dgl.). Sie bedeuten Auteilrechte
an einem Unternehmen (Eisenbahn, Fabrik u. dgl.). Das geschichtlich
Ursprüngliche ist, daß z. B. die „Gewerken", denen ein Bergwerk ge¬
meinschaftlich gehört, selbst den Abbau der Erze durch gemeinschaftliche
Arbeit besorgen, die Reeder, denen ein Schiff gehört, alle oder zum
Teil die Fahrt persönlich mitmachen. Später, als der Besitz eines großen
Schiffes oder der planmäßige Betrieb eines Bergwerks die Aufbringung
bedeutender Mittel forderten, schieden sich die Besitzenden allmählich
von den Arbeitenden (jetzt gedungenen Lohnarbeitern). Die anteils-
berechtigten Gewerken allein beschließen heute über die Angelegen¬
heiten des Betriebes; von ihnen erhält ein jeder auf seinen Kux an¬
teilsweise das, was über den Arbeitslohn und den sonstigen Bedarf
für den Bergwerksbetrieb an Einnahme eingeht, als „Ausbeute" ver¬
teilt, und wenn die Einnahmen die Ausgaben nicht decken, muß jeder
anteilsweise „Zubuße" zahlen oder seinen Anteil zugunsten der anderen
aufgeben.
Etwas anders steht es mit der Aktiengesellschaft. Der Gesell¬
schafter, „Aktionär", leistet für seinen Anteil nur einen bestimmten
Beitrag, regelmäßig in bar, er ist also nicht im Falle des Verlustes
zu Rachzahlungeu verpflichtet, wie der Gewerke. Die Summe dieser
Beiträge verwendet der Vorstand der Gesellschaft, um damit z. B.
eine Bahn zu bauen oder eine Fabrik anzukaufen u. dgl., welche
dann vom Vorstand für Rechnung der Aktionäre betrieben wird; oder
aber es überträgt einer der Gesellschafter der neu zu gründenden
Gesellschaft seine Fabrik, die er bisher betrieb, nach einem verab-
') Schuldverschreibungen.