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Nach Einführung dieses Jnvaliditäts- und Altersversicherungsgesetzes 
darf kühn behauptet werden, daß kein Land in der ganzen Welt sich in einer 
solchen Weise der arbeitenden Klassen angenommen hat wie Deutschland. 
Haben die gesetzlich bestimmten Beträge, auf welche dem Arbeiter ein Anspruch 
zusteht, nur eine mäßige Höhe, so darf nicht übersehen werden, daß dem 
tüchtigen Menschen ei» kleinerer Betrag, auf den er Recht hat, lieber ist als 
das größte Almosen. Die Alters- oder Invalidenrente wird es weitaus in 
den meisten Fällen dem Erwerbsunfähigen möglich machen, bei seinen 
Angehörigen oder in einer anderen Familie ein angenehmes Unterkommen zu 
finden, während er seither vielfach als eine drückende Last angesehen wurde 
oder der öffentlichen Armenunterstützung anheim fiel. 
Wie die Verhältnisse einmal liegen, ist mit diesen Versuchen, das Wohl 
der arbeitenden Klassen zu fördern, ein erfreulicher Anfang gemacht, von 
einem einmütigen Zusammenwirken von Kaiser, Regierung und Landesver¬ 
tretung ist zu hoffen, daß der Zukunft noch Größeres gelingen werde, als 
die Gegenwart erreicht hat. Dem Kaiser Wilhelm I. aber bleibt der Ruhm, 
den Anstoß zu Einrichtungen gegeben zu haben, deren Segen zu leugnen nur 
die wagen können, welche von der Erregung oder Erhaltung der Unzufriedenheit 
in den Kreisen der Arbeiter für sich einen Nutzen erhoffen. 
So ist Kaiser Wilhelm nicht nur der Gründer, sondern auch der 
Erhalter des Deutschen Reiches, der eifrigste Förderer des Wohles seiner 
Unterthanen geworden. Als er starb, ging ein Klageruf nicht nur durch das 
deutsche Volk, sondern durch die Welt, und selbst die Völker, denen sein 
siegreiches Schwert tiefe Wunden geschlagen hatte, gestanden es freimütig ein, 
daß mit ihm ein Herrscher zu Grabe getragen wurde, den zu besitzen ein 
beneidenswertes Glück eines Volkes ist. 
126. Kaiser Wilhelms Fod. 
Tot ist der .Kaiser, tot! von Mund zu Munde 
Erschallt die Botschaft und von Land zu Land, 
Und übers Meer hin Pflanzt sich fort die Kunde 
2luf Blitzes klügeln bis zuni fernsten Strand, 
wo sie erschallt auf weitem Erdenrunde, 
Da sinkt dem Mann das Werkzeug aus der Hand, 
Die Rede stockt, es löst sich rasch der Reigen, 
Und alles steht erstarrt in tiefen: Schweigen. 
wie drängte jüngst noch oft in seine Nähe 
An trübem Tag das Volk sich wie zum Licht! 
Datz einmal er am Lenster ihn erspähe, 
war jedes Wunsch, und Lieb'res gab es nicht. 
Die Mutter hob ihr Kind auf, daß es sähe 
Des alten Kaisers freundliches Gesicht. 
Und wenn sonst nichts von ihm zu melden bliebe. 
Dies wär' genug: ihm ward des Volkes Liebe. 
Des Volkes Lerz, das hat er sich erstritten, 
Denn gütig war er, war gerecht und mild. 
Umsonst zu ihm kam keiner, um zu bitten. 
Und seine Macht war der Bedrängten Schild, 
vom Alpenschnee bis an der Lifcher Lütten 
Am Meeresstrand zu finden ist sein Bild, 
Des guten Kaisers Bild, das Bild des Leiden, 
Von dem die Bücher der Geschichte melden. 
G Glanz, o Ruhm! was ist dem zu vergleichen, 
was Wilhelms Schwert errungen uns im Streit! 
In Leindesland aufpflanzt' er unsre Zeichen, 
Des Sieges Zeichen, selber todbereit. 
Nicht sah man wanken ihn im Kampf und weichen, 
voran den Seinen war er alle Zeit. 
So treuer Arbeit, schwerer Müh' zum Lohne 
Trug er als Greis des Deutschen Reiches Krone. 
Als Lohn der Treue hat er sie getragen, 
Die er in heißen Schlachten uns gewann. 
Das wird man einst als Bestes von ihm sagen: 
was er gefordert vom geringsten Mann, 
That er auch selbst. G.denk' in guten Tagen, 
In schlimmen auch, o Vaterland, daran! 
was groß gemacht dich hat, was stets aufs neue 
Dir Kraft verleihen wird, ist eins: die Treue. 
Trüb' ist die Zeit, und düstre Wolken schweben 
Leran, verhüllend uns der Zukunft Thor. 
Ach, auch auf unsers alten Kaisers Leben 
Sank jüngst hernieder schweren Kummers Llor. 
Doch mutig wollen wir den Blick erheben, 
Und unsre Lerzcn richten wir empor, 
Des großen Toten würdig uns zu zeigen: 
Sein Werk, sein Ruhm, sein Sinn bleib' unser eigen'. 
Kladderadatsch.
	        
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