Contents: Sang und Spruch der Deutschen (Band 3)

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Neue Lieder. [86] 
rs doch durch das bewegte Lüfteleben 
seh' ich Wohl hundert Adler schweben 
mit wundervoll ruhigem Flüaelschlag, 
so stolzes Geleit wie am Siegestag. 
Rauch schlägt nieder aus ehernen Becken, 
-«drin die Feuer geschürt, den Rand 
überlecken, 
die Erde zittert, dumpf ist es zu ivüren, 
wie die Hufe des Zuges das Pflaster 
berühren. 
Die Fackeln strecken als Leuchten sich 
vor, 
in den Helmen sich spiegelnd der Gar- 
des du Korps, 
25 und senken sich nieder, verlöschen im 
Schnee *— 
vorüber, vorüber das schluck-zende Weh. 
Aus der offenen Domtür tönt Orgel¬ 
gebraus, 
ein Palmenwald grüßt in den Winter 
hinaus, 
alles grün, alles Frühling, wo sonst 
weißer Kalk, 
5° Lorbeer umlaubt den Katafalk. 
Selbst Gärten, die einst unser Sturm¬ 
schritt geknickt, 
heut haben sie Rosen und Kränze ge¬ 
schickt. 
* 
„Laßt mich durch, die Gasse mir aus¬ 
getan, 
laßt mich durch, laßt mich durch, sonst 
brech' ich mir Bahn! 
25 Noch einmal aus Knien vor ihm will 
ich liegen, 
meine Stirn an die purpurne Rubstatt 
biegen. 
Bei Gravelotte, spät war die Stunde, 
der König! hieß es in weiter Runde, 
und jauchzend hemmten wir seinen 
Zügel, 
'«bedeckten mit Küssen Hand und Bügel. 
Die Sonne in sinkender Abendflut 
umrahmt seinen Helm in Gloriaglut, 
sein Auge tropft, seine Lippe bebt, 
mit ihm, mit ihm hab' ichs durchgelebt." 
103. Pidder Lüng. 
Frii es de Feskfang, 
Frii es de Jaght, 
Frii es de Strönthgang. 
Frii es de Naght, 
Frii es de See de wilde See 
En de Hörnemmer Rhee. 
1- Der Amtmann von Tondern, Henning 
Pogwisch, 
schlägt mit der Faust auf den Eichen¬ 
tisch: 
„Heut fahr ich selbst hinüber nach Sylt, 
und hol mir mit eigener Hand Zins 
und Gült. 
Und kann ich die Abgaben der Fischer 
nicht fassen, 
sollen sie Nasen und Ohren lassen, 
und ich höhn ihrem Wort: 
Lewwer duad üs Slaav." 
2- Im Schiss vorn der Ritter, panzer¬ 
beschwert, 
stützt finster sich auf sein langes Schwert. 
Hinter ihm, von der hohen Geistlichkeit, 
steht Jürgen, der Priester, beflissen be¬ 
reit. 
Er reibt sich die Hände, er bückt den 
Nacken: 
„„Der Obrigkeit helf ich, den Frevler 
zu packen, 
in den Pfuhl das Wort: 
Lewwer duad üs Slaav."" 
3- Für Hörnum hat die Prunkbarke den 
Schnabel gewetzt, 
ihr folgen die Ewer, kriegsvolkbesetzt. 
Und es knirschen die Kiele auf den 
Sand, 
und der Ritter, der Priester springen 
ans Land, 
und waffenrasselnd hinter den beiden 
entreißen die Söldner die Klingen den 
Scheiden. 
Nun gilt es, Friesen: 
Lewwer duad üs Slaav! 
Die Knechte umzingeln das erste 
Haus, 
Pidder Lüng schaut verwundert zum 
Fenster hinaus. 
Der Ritter, der Priester treten allein 
über die ärmliche Schwelle hinein. 
Des langen Peters starkzählige Sippe 
sitzt grad an der kargen Mittagskrippe. 
Jetzt zeig dich, Pidder: 
Lewwer duad üs Slaav! 
5. Der Ritter verneigt sich mit hämischem 
Hohn, 
der Priester will erheben seinen Sermon. 
Der Ritter nimmt spöttisch den Helm 
vom Haupt 
und verbeugt sich noch einmal: „Ihr 
erlaubt, 
daß wir euch stören bei eurem Essen.
	        
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