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Der Pöbel kürzt die Zeit mit blutg'en Witzen,
Und fünfzig Tausend Römeraugen blitzen
Voll Mordbegier nach der ersehnten Schau.
Ein Wink, da stürzen die geübten Schlächter
Den nackten Leib ins btut’ge Schwerterspiel;
Der Zagende stirbt unter Hohngelächter,
Doch Beifallsdonner lohnt dem schönen Fechter,
Der malerisch im Todeskampfe fiel.
— Doch sieh, was führt man heut für Gladiatoren
Der Schaubegier des lieben Pöbels bor?
Nicht Parther sind, nicht Perser heut erkoren,
Nicht blonde Jünglinge, am Rhein geboren;
Heut ist's ein ungewohnter Fechterchor.
Sind hier nicht Greise, die zum Kampf sich rüstend
Nicht Mägdlein, hold ihr Haupt in Scham gesenkt?
Nicht Frauen, mit dem Säugling an den Brüsten?
Merk auf, o Rom, heut sterben deine Christen,
Die Neros Güte dir zum Schauspiel schenkt.
Still ziehn sie ein im wallenden Gewände,
Mit sanftem Schritt, gleich einer Priesterschar.
Sie stehn im Rund, nun fallen ihre Bande,
Sie fnieen nieder in des Circus Saude,
Ihr Psalm ertönet fremd und wunderbar.
Sie grüßen ihren Cäsar, doch nicht jenen,
Der in die Hand sein finstres Haupt dort stützt,
Nein, einen, der umjauchzt von Harfentönen
Hoch ob der Erde blutigen Arenen
Als Friedefürst in goldnen Wolken sitzt.
„Heil Christe, dir, dich grüßen, die da sterben!
Kurz ist der Kamps, und ewig ist der Sohn.
O selig, wer um deine Krone werben,
O selig, wer dein himmlisch Reich darf erben!
Nimm unsre Seelen auf, du Gottessohn!"
Sie schaun sich um und schauen mit Entzücken
Den edlen Zeugenkreis, der sie umringt;
Nicht jenen, der mit mordgewohnten Blicken
Im weiten Circus voll bis zum Erdrücken
Wie eine Riesenschlange sie umschlingt. —
Nein, Engel sind's, die sich hernieberneigen,
Ein lichter Kreis, ein strahlenvoller Kranz;
Mit Kronen winken sie, mit Palmenzweigen,
Kops brängt an Kops unb Reigen sich an Reigen,
Bis er verschwebt im golbnen Himmelsglanz. —
Nun irb’fcher Leu, nun schüttle deine Mähne!
Die Sämmer Christi schrecket nich1 dein Zorn.
Spring' an, aus deinem Käfig, o Hyäne,
Du Königstiger, wetze deine Zähne,
Zermalme kecklich Christi Weizcnkorn!
Zehn blutge Seichen schleift man aus ben Thoren;
Doch zwanzig berer, bie sie sterben sahn,
Sie haben morgen schon zum Kreuz geschworen;
Aus Blut wird Christi Kirche neu geboren,
Und jeder Sturm facht frische Flammen an.
(Vergl. auch: „Sylvia" von Grube in Jülting und Weber,
weite Welt).