Full text: Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen

waren wohl nur sehr Angesehene und Mächtige ihres Volkes, denen die 
kostbare Ehre einer solchen Bestattung zuteil wurde. 
Die vielen Jahrhunderte, die über die Hünenbetten hingegangen 
sind, haben ihr Aussehen sehr verändert. Regen und Schnee haben 
die Füllungen zwischen den Steinen weggewaschen, die Tragsteine sind 
eingesunken, die Decksteine zum Teil zwischen die Träger heruntergeglitten, 
die geöffneten Grabkammern sind ihres Inhalts beraubt worden. Am 
meisten hat Menschenhand zur Zerstörung dieser uralten Grabstätten 
beigetragen. In Menge sind die Steinblöcke, die ein vorzügliches Bau¬ 
material abgeben, weggeholt, gesprengt und verarbeitet worden. Von 
den unzähligen Hünenbetten, welche Norddeutschland einst besaß, sind 
nur noch wenige vorhanden. Auch diese würden wohl schon verschwunden 
sein, wenn nicht die Obrigkeit jetzt für die Erhaltung dieser ehrwürdigen 
Denkmäler aus uralter Zeit sorgte. 
84. Des MenleKen Kampf mit der Düne. 
Von Hrms f^offmann. 
Landsturm. 3. Auflage. Berlin 1903. 8. 30. 
echsunddreißig Jahre sind es jetzt bald, so erzählte der 
alte Posthalter Sturmhöfel, daß ich hier auf der Kurischen 
Nehrung zu Hause bin. Vordem saß ich drüben überm Haff 
in der Niederung. Ich hatte da ein verwirtschaftetes Gut 
gekauft mit schönem Wiesenboden, mitten unter den Litauern. 
Die haben den Deutschen nicht gern in ihrer Nähe; wir 
sind ihnen überlegen, darum fürchten sie uns. 
Zwischen mir und dem Haff lag an einer tiefen Bucht eine große 
Wiese des Bauern Lokeit; auf ihr stand mitten im fetten Graswuchs eine 
alte Düne. Ohne Zweifel war sie in Urzeiten entstanden aus verwehten 
Sandmassen, die der Westwind über das Eis getrieben hatte, doch längst 
zum Stehen gekommen und kräftig bewaldet. 
. Da geschaht in meinen Tagen, daß Schneedruck und Windbruch das 
Wäldchen zerrütteten. In den nächsten Wintern hatte das Haff sehr lange 
schneefreies Eis, dazu zahlreiche Weststürme; die fegten starke Sandströme 
über die glatte Fläche hinüber in jene Bucht. Dieser junge Sand warf 
sich auf den halb entwaldeten Hügel, überzog ihn allmählich, zerdrückte 
die Grasnarbe, fraß die noch stehenden Bäume an und verdarb ihren 
Boden. So wurde die tote Düne wieder lebendig und kam ins Wandern. 
Der Flugsand ffog herüber auf mein Gebiet und bedrohte mir die Wiesen 
mit schwerer Verwüstung. 
Ich nahm den Kampf auf, warf ihm Strauchzäune entgegen, tiefe 
Gräben und selbst eine feste steinerne Mauer. Bald sah ich ein, daß 
dies alles nichts nützte, den Fortschritt des Sandes nur scheinbar hemmte. In 
Wahrheit gaben die Hindernisse ihm nur einen Halt, sich geschlossener zu
	        
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