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Doch vor dem Hauch wo uns vor Jahren Mir war, als rief es aus den Wogen:
die Mutter stets empfing, dort sah Flieh, flieh und ohne Wiederkehr!
ich fremder Menschen fremd Gebaren; Die du geliebt, sind fortgezogen,
wie weh, wie weh mir da geschah! sie kehren nimmer, nimmermehr.
Hermann von Ltngg.
Arbeiter?.
Dein wahres Glück, o Menschenkind,
o glaub es doch mit nichten,
daß es erfüllte wünsche find:
Es find erfüllte Pflichten.
28. Die Arbeit.
In der Königlichen Gewehrfabrik zu Spandau ruhte heute die Arbeit;
es war Königs Geburtstag, und um ihn würdig zu feiern, hatte mau
den größten der gewaltigen Arbeitssäle ausgeräumt und mit Tannenlaud
und Fahnen in einen Festsaal verwandelt. Kopf an Kopf standen die
Beamten und Arbeiter mit ihren Frauen und erwachsenen Kindern im
Saale, und am dichtesten waren sie um das Rednerpult gedrängt, das
soeben der Direktor bestieg, um das Fest mit einer Ansprache zu beginnen.
„Arbeiter der Gewehrfabrik!" sprach er, „wir sind hier versammelt
an einer Stätte der Arbeit. Es steht uns deshalb wohl an, über die
tieferen Gründe, warum und wofür wir arbeiten, einmal nachzudenken.
Unsere Arbeit ist nicht leicht, sie erfordert Fleiß und Geschicklichkeit; unsere
Arbeitszeit ist nicht kurz, denn sie erfüllt unsern Tag. Was ist es, das
diese Arbeit uns so wert macht, daß ein jeder sich freut, sie zu haben?
Ist es das Geld, das sie uns trägt? Da wären wir, sage ich euch, arm¬
selige Geizhälse l Der Mensch lebt nicht um der Arbeit willen, auch arbeitet er
nicht um des Geldes willen. Seine Hauptaufgabe liegt daheim im Kreise der
Seinen! Denn alles, was lebt, muß dafür sorgen, daß es
erhalten bleibe. Dies ist das ewige Gesetz, das uns die Arbeit auf¬
erlegt. Um sich und Weib und Kind zu ernähren, geht der Mann auf
Arbeit aus — mag er nun wie unsere Vorfahren mit Schlinge und
Spieß zum Walde ziehen, um den Hirsch zu fangen, oder mag er wie
wir zur Werkstatt und Fabrik gehen. Dort war's der Hirsch, hier ist's
das Geld, das ihm den Tisch zu Hause decken hilft. Die Form des
Lohnes hat zwar oft im Zeitlauf gewechselt, der Lohn selbst aber ist
stets geblieben, er war und bleibt die lachenden Augen der Kinder, das
reinliche Heim! Wir arbeiten, um zu leben! Das zeigt uns
der Ackersmann, der auf eigener Scholle die Früchte zieht, die er selbst
zum Unterhalt gebraucht; das beweist vor allem ihr, ihr nimmermüden
Hausftauen, deren Arbeit keinen andern Lohn erstrebt, als mit den Eurigen
zu leben. Das lehrt auch ihr, ihr Schwestern der Barmherzigkeit, die
ihr in schwerer Arbeit euch müht, auch unsere Kranken und Elenden
noch dem Leben zu erhalten. An diesen Beispielen erkennt ihr, wie