Full text: Lesebuch für die Sonntagschulen der Pfalz

103 
Läden der großen Geschäftshäuser, der Bahnhof, große Fabrikanlagen sind 
fast tageshell von den Lichtmengen der elektrischen Lampen durchflutet 
oder von Gasglühlicht erhellt. Jedes Gefährt auf der Straße trägt sein 
Licht. Schnelle Radfahrer fallen durch den glänzend weißen, blendenden 
Schein ihrer Laternen auf: sie brennen den allerneuesten Leuchtstoff, das 
Acetylengas 
Diese zahlreichen Beleuchtungsmittel sind erst nach und nach Eigen¬ 
tum der Menschheit geworden. Zunächst lernte man Fett und Rüböl 
mit Hilfe einiger Wollfäden zur Beleuchtung verwenden. Später ging 
man dazu über, aus dem Wachse der Bienen und dem Talg der Schlacht¬ 
tiere Kerzen zu formen. Die besten unter den heutigen Kerzen, die 
Stearinkerzen, sind erst eine Erfindung des 19. Jahrhunderts; ihre Masse 
wird durch umständliche Reinigung aus Tierfetten gewonnen. 
Eine bedeutende Verbesserung erhielt die Öllampe, als um die Mitte 
des 19. Jahrhunderts in Nordamerika gewaltige Vorräte von Erd- oder 
Steinöl, Petroleum genannt, entdeckt wurden. Da dieser Brennstoff dort 
und bei Baku am Kaspischen Meere in schier unerschöpflichen Mengen 
springbrunnenartig zutage tritt, so kann er bei weitem billiger als Rüböl 
an die Verbraucher verkauft werden. Das klare, durchsichtige Petroleum, 
das wir in unseren Lampen brennen, ist „raffiniert", d. h. gereinigt. 
Es ist auch so noch mit Vorsicht zu behandeln, aber doch weniger feuer¬ 
gefährlich als in dem Zustande, in welchem es als bald helle bald dunkel¬ 
braune, ziemlich dickflüssige Masse aus den Bohrlöchern entströmt. Über 
die Entstehung des Erdöls gehen die Ansichten der Gelehrten auseinander; 
einige meinen, daß es aus Steinkohlen, andere, daß es aus Überresten 
untergegangener Tiere entstanden sei. 
Schon einige Jahrzehnte vor der Entdeckung des Petroleums war 
es gelungen einen neuen Brennstoff zur Lichterzeugung zu verwenden. 
Dieser ist das bekannte Leuchtgas, ein farbloser, übelriechender, luft¬ 
artiger Stoff, der sich an einer Flamme sofort entzündet. Man leitet ihn 
in eisernen Röhren von der Gasfabrik zum Verbrauchsorte. Dort strömt das 
Gas aus der engen Öffnung eines ausgeschraubten Brenners, den man 
durch einen Kran leicht öffnen und schließen kann. Das heraustretende Gas 
wird angezündet und brennt sofort in gelbleuchtender Flamme. Das 
Leuchtgas kann aus verschiedenen Körpern gewonnen werden. Man ver¬ 
wendet gewöhnlich die Steinkohle dazu, weil sie die billigste Herstellung 
ermöglicht. Die Kohle wird in luftdicht geschlossenen Gefäßen sehr stark 
erhitzt, ohne daß sie aber selbst in Brand geraten kann. Dabei gibt sie 
das Leuchtgas ab und sie selbst wird in Koks verwandelt. Das Gas sammelt 
man in großen, runden Eisenbehältern, den Gasometern, an; von ihnen 
wird es durch Röhrenleitungen zu den Straßenlaternen und in die 
Häuser geführt. Die Kräne der Gasleitung müssen bei Nichtgebrauch des 
Gases gut geschlossen gehalten werden. Denn wenn Leuchtgas unver¬ 
brannt in die Luft strömt, so entsteht ein äußerst gefährliches Gemisch 
von beiden, das Knallgas, das sehr leicht explodiert und dann fürchter¬ 
liche Verheerungen anrichten kann. Im letzten Jahrzehnt des 19. Jahr¬ 
hunderts ist es gelungen die Leuchtkraft des Gases in überraschender Weise 
zu steigern. Dazu bedient man sich eines strumpfförmigen Gewebes von
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.