Full text: Lesebuch für die Sonntagschulen der Pfalz

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24. Eine treue Magd. 
„Herr Doktor, kommen Sie doch geschwind zu dem Hans im Ensli- 
hof! Er ist von der Leiter abgestürzt und hat sich wohl den Arm aus 
der Kugel gefallen." 
Mit diesen Worten trat ein schlichtes Dorsmädchen in das Haus 
des Wund- und Augenarztes Johann Baptist Pestalozzi am Rüdenplatz 
zu Zürich. Vom Laufen war das Mädchen erhitzt und außer Atem. 
„Warte und ruhe ein wenig!" sagte der Arzt freundlich. „Ich 
komm' schon mit. Will nur dies fertigmachen und mein Verbandzeug 
einpacken. Jst's dein Bruder?" 
„Ach nein!" war die Antwort. „Ich kam vorbei, als das Unglück 
geschah. Es war niemand weiter daheim; da bin ich gleich fortgesprungen." 
„Brav!" sagte der Arzt und betrachtete mit Wohlgefallen das wackere 
Mädchen. „Einer diene dem anderen, so werdet ihr das Gesetz Christi 
erfüllen." 
Während sich der Arzt zur Reise rüstete, sah sich das Mädchen im 
Zimmer um. Da gewahrte es in einer Ecke ein Büblein von vier oder 
fünf Jahren; das war schwächlich an Gliedern, schwärzlich im Gesicht 
und unschön von Gestalt. Aber es schaute aus tiefen, schönen Augen ver¬ 
wundert auf das fremde Mädchen. Das stand auf, streichelte ihm das Haar- 
glatt und sagte: „Lieb's Büebli, laß dein Wäglein mal schön laufen!" 
Das Büblein aber wich scheu zurück, siel unbeholfen über die eigenen 
Beine und schrie nun jämmerlich. 
„ArmesKind!" sagte das fremde Mädchen. „Komm, sei gut! So 
ein großer Bub' darf nicht heulen. Die Beinli und das Näseli sind noch 
ganz." Damit faßte sie ihn an der Hand, hob ihn auf, stillte sein 
Weinen und brachte das Spiel in Gang. „Wie heißt du denn, gutes 
Mädeli?" fragte der Knabe. „Babeli!" war die Antwort. „Ich habe 
dich lieb, Babeli!" sagte das Kind und schmiegte sich an das Mädchen. 
Der Arzt war reisefertig, gab dem Knaben die Hand und sagte: 
„Sei brav, Heiri! Fall nicht und weine nicht!" 
Zu dem Mädchen sagte er: „Nun komm! Der arme Tropf wird 
mit Schmerzen auf uns warten." 
Das Mädchen reichte dem Heiri die Hand zum Abschied und sagte: 
„Behüt' dich Gott, lieb's Büebli!" Da klammerte sich der Knabe an 
ihre Schürze und rief: „Nicht fortgehen, Babeli! Du mußt hier bleiben; 
du bist so gut!" 
Das Mädchen machte sanft seine Hände los und sagte: „Jetzt muß 
ich halt laufen und dem armen Schelm helfen, der mit seinem Arme nicht
	        
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