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Eile, mit der alle der Brücke zudrängten, eine solche Ver¬
wirrung, daß Hunderte niedergerannt, zertreten, zerstampft,
gerädert und in die Beresina gestoßen wurden.
27) Mit dem Uebergang über die Beresina
endete der eigentliche Feldzug. Die Trünuner der
„großen Armee" lösten sich auf, und Offiziere und Soldaten,
wie sie das gemeinsame Unglück zusammenführte, marschierten
ohne militärische Ordnung in einzelnen Haufen wort- und
klanglos, als wäre es eilt Totenzug, weiter, von den blut¬
gierigen Kosaken verfolgt, von nagendem Hunger gequält,
uou grimmiger Kälte gepeinigt, von fürchterlichen Schnee-
stürmen gepeitscht, zu Gerippen abgemagert und in Lumpen
gehüllt.
28) Da die den Tod im Herzen tragenden, waffenlosen
Gefährten Napoleon ebenso wenig zu nützen vermochten, als
er zur Linderung der allgemeinen Not etwas beitragen konnte,
seine Anwesenheit in Paris aber dringend notwendig war,
wenn die Nachricht von dem bis jetzt verheimlichten Untergang
seiner Armee nicht dort eine Revolution, in Deutschland eine
allgemeine Volkserhebung zur Folge haben sollte, verließ
Napoleon am 5. Dezember die Armee und reiste in
einem Schlitten, in Pelze und Betten gehüllt, über Wilna,
Warschau, Dresden, Leipzig und Mainz nach Paris.
29) Jetzt erst wurde in Deutschland und Frankreich das
ungeheure Unglück bekannt. Groß war in allen deutschen
Städten und Dörfern die Klage um die „in Rußland ge¬
bliebenen" Söhne und Brüder; uoch überwältigender aber
war der Eindruck: „Das hat Gott gethan!" Von GOO 000 Mann,
die ausgezogen waren, kamen kaum noch 50 000, von 15 000
Württembergern etwa 1000 zurück. „Mit Mann und Roß
und Wagen, so hat ihn Gott geschlagen!"
43) Das herrliche Jahr der Befreiung (1«13).
1) Dem grimmigen russischen Winter folgte der herr¬
liche preußische Frühling; „Vaterland, in tausend Jahren