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daß er ungeheure Summen schenkte zur polytechnischen
Schule, zum Armenhaus und zum Waisenhaus. Man hass
ausgerechnet, daß er in allem 290 000 Mark gestiftet hat.
Das war ein edler Mensch. Als Schneiderlein ist er in die
Welt gezogen, blutarm, aber reich am Herzen. Da hat
Gottes Segen Früchte getragen! Der Name Georg Stulz
wurde und wird nicht nur von dankbaren Menschen sondern
auch von Gottes Engeln liebend und segnend genannt.
Sein Landesherr, der Großherzog von Baden, der gerne
das Verdienst seines Landeskindes ehren wollte, hat seine
Brust mit dem Orden des Zähringer Löwen geschmückt und
ihn nachmals mit vielen Ehren in den Freiherrnstand erhoben.
Am 17. November 1832 starb in Hyeres im südlichen
Frankreich der Freiherr Georg Stulz von Ortenberg, wie
ihn sein Landesherr benannte, und an seinem Grabe flössen
reiche Tränen der Liebe; denn er starb als Vater der Armen
und Bedrängten. In Kippenheim steht sein Denkmal; aber
das zerfällt mit der Zeit. Größer und schöner ist dagegen
das, welches er sich gründete durch Wohltätigkeits-Anstalten,
die fortdauern zum Segen der leidenden Menschen.
W. Ö. v. Horn.
71. Joseph von Fraunhofer.
„Das Glaserhaus im Tiereckgäßchen ist eingestürzt; mehrere
Menschen liegen unter den Trümmern!" erscholl am 21. Juni 1801
der Jammerruf durch Münchens Gassen. Schnell war der
menschenfreundliche Kurfürst Maximilian Joseph an der Unglücks¬
stätte, und wo er war, da waltete helfende Liebe. Er munterte
zur Rettung auf, ja er half selber mit. Durch solches Bemühen
entstieg aus dem Schutte der Glaserlehrling Joseph Fraunhofer,
gerade noch zur rechten Zeit aus der Einklemmung zwischen zwei
Türpfosten befreit. „Daß Gott erbarm! er ist noch dazu ein
armer Waisenknabe!" ertönte eine mitleidsvolle Stimme. Da
sprach der gute Max: „Er ist keine Waise mehr, ich werde ihm
Vater sein." Und aus dem geretteten Knaben ist jener große
Mann geworden, der uns durch seine Erfindung der Riesenfern¬
rohre die Gestirne des Himmels näher gebracht hat.
Unter dem Dache der Armut wurde am 6. Mai 1787
Joseph Fraunhofer als der Sohn eines Glasermeisters in Straubing
geboren. Not und Entbehrungen waren die Begleiter seiner
Jugend. Schon in seinem elften Jahre verlor er den Vater
durch den Tod. Bald darauf kam er zu dem Hofspiegelmacher
und Glasschleifer Philipp Weichselberger in München in die Lehre.