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Familie auf die Heimkehr des ältesten Mädchens, der Lili
oder Waldlilie, wie die Eltern kosend das milde, weiße
Töchterchen nennen. Sie war hinüber gegangen zu einem
benachbarten Klausner Milch zu erbetteln; denn die Ziegen
im Hause sind geschlachtet und verzehrt. Aber es wird
dunkel und die Lili kehrt nicht zurück. Der Schneefall
wird dichter und schwerer; die Nacht bricht herein und
Lili kommt nicht.
Die Kinder schreien schon nach der Milch und die
Mutter richtet sich auf in ihrem Bette. „Lili!“ ruft sie,
„Kind, wo trottest du herum im stockfinstern Wald? Geh
heim!“ — Wie kann die schwache Stimme der Kranken
durch den wüsten Schneesturm das Ohr der Irrenden
erreichen? Je finsterer und stürmischer die Nacht wird,
desto höher steigt die Angst um die Waldlilie in den
Herzen der Eltern. Es ist ein schwaches, zwölfjähriges
Mädchen; es kennt zwar die Waldsteige und Abgründe,
aber die Steige verdeckt der Schnee, den Abgrund die
Finsternis.
Endlich verläßt der Mann das Haus um sein Kind zu
suchen. Stundenlang irrt und ruft er in der sturmbewegten
Wildnis; der Wind bläst ihm Augen und Mund voll Schnee;
seine ganze Kraft muß er anstrengen um wieder die Hütte
erreichen zu können. Und nun vergehen zwei Tage; der
Schneefall hält an; die Hütte des Bertold wird fast ver¬
schneit. Sie trösten sich, die Lili werde wohl bei dem
Klausner sein. Diese Hoffnung wird zunichte am dritten
Tage, als der Bertold nach stundenlanger Mühe die Klause
zu erreichen vermag. Lili sei vor drei Tagen wohl bei
dem Klausner gewesen und habe sich dann beizeiten mit
dem Milchtopf auf den Heimweg gemacht. „So liegt
meine Waldlilie im Schnee begraben,“ sagte der Bertold.
Dann geht er zu den anderen Holzern und bittet, wie
dieser Mann noch nie gebeten hat, daß man komme und
ihm das tote Kind suchen helfe. Am Abend desselben
Tages haben sie die Waldlilie gefunden. Abseits in einer
Waldschlucht, im finsteren, wild verflochtenen Dickicht
junger Fichten, durch das keine Schneeflocke zu dringen
vermag, auf den dürren Fichtennadeln des Bodens, inmitten
einer Rehfamilie von sechs Köpfen ist die liebliche, blasse
Waldlilie gesessen.
Das Kind hatte sich auf dem Rückwege in die Wald¬
schlucht verirrt, und weil es die Schneemassen nicht mehr
überwinden konnte, verkroch es sich zur Rast unter das