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Schmeichelei und auch im Angesichte seines Königs aufrichtig und
wahr. Krankheit hielt ihn zu Hause.
Der König aber schickte Boten zu ihm, die sein Bett auf die
Schultern nahmen und ihn so zum Könige trugen. Als er nun an¬
gekommen war, sagte ihm der König, was geschehen war, und begehrte
seinen Rat. Da antwortete der Weise von seinem Lager sich aufrichtend:
„Größter der Könige, ist auch anderen vergönnt von diesem Wasser
zu trinken?" — „Nur mir," antwortete der König, „hat es Gott
gesandt." — „So werden also," fuhr der Weise fort, „wenn du da¬
von trinkst und sich dir Jahre an Jahre endlos reihen, deine
Freunde und Diener dahinsterben, du wirst deine Kinder und deine
Gattin zu Grabe tragen und dich umsonst nach ihnen sehnen. Jetzt
stehst du wie die Zeder des Waldes in deiner Herrlichkeit und
breitest zahlreiche Zweige zum Himmel aus und dein Volk wandelt
fröhlich in ihrem Schatten. Mit jedem Jahre aber werden deiner
Zweige weniger werden und es wird öde um dich sein wie um den
dürren Stamm, der trauernd in der Wüste steht."
Da neigte Salomo sein Zepter gegen ihn und sagte: „Du
hast recht gesprochen. Die Sonne geht auf und unter. So auch
des Menschen Sohn. Und wie die Sonne, nachdem sie sich in Nacht
getaucht, mit noch größerer Herrlichkeit aufersteht, so geht auch der
Mensch aus der Nacht des Grabes hervor und beginnt einen neuen,
schöneren Lauf."
Danach begab er sich wieder zum Palmbaum und sieh! das
Wasser im Gefäß war vertrocknet. Da kniete er nieder und sprach:
„O Herr, vergib mir meine Torheit und meine Klagen! Nur bei dir
ist die Fülle der Weisheit. Darum ziemt es dem Menschen sich deinem
Gebot zu fügen, dein Geschenk zu genießen, solange du es ihm ge¬
stattest, und es ohne Murren in deine Hände zurückzulegen."
Nach F. Jakobs.
B. Märchen.
7. Das Märchen vom Königssohn.
Es war einmal ein junger Königssohn, der wohnte in einem
wunderschönen Schloß und er war darin über die Maßen froh und
glücklich. Denn ein mächtiger Zauberer hatte ihn über die Taufe