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Bei allen Getreidekörnern liegt unter der schützenden Hülle
(Kleie) eine mehr oder weniger weiße Masse, das Mehl. Der
hauptsächlichste Bestandteil desselben ist ein feines, weißes Pulver,
welches Stärkmehl oder Stärke genannt wird und auch in
Kartoffeln und manchen Wurzeln vorkommt. Wenn man
lüveizenmehl in einen kleinen Leinwandsack einbindet, denselben in
'ein mit Wasser gefülltes Gefäß taucht und hier knetet, so wird
das Wasser von dem durch das Tuch hiudurchdringenden Stärk¬
mehl milchig. Läßt mau nun dieses Wasser eine Zeitlang stehen,
so sinkt das Stärkmehl nieder und setzt sich auf den Boden des
Gefäßes ab. Auf ähnliche Weise wird aus roh geriebenen Kar¬
toffeln Stärke bereitet, welche man Kartoffelstärke nennt. Mit
Wasser gekocht, bildet die Stärke einen Kleister, welcher als
Klebemittel von Buchbindern und Tapezieren gebraucht wird, und
wenn man dielen Kleister noch weiter mit Wasser verdünnt, so
dient er zum Steismachen (Stärken) von Kleidungsstücken, Hem¬
den, Krägen u. dgl. Diese Eigenschaften der Stärke sind jeder¬
mann bekannt. Gar mancher aber weiß nicht, daß sich das Stärk¬
mehl unter Umständen in Zucker verwandeln kann. Es geschieht
dies z. B. immer mit dem Stürkmehl, welches die Gerste ent¬
hält, wenn die Gerstenkörner keimen; das Malz, welches durch
Keimenlassen der Gerste bereitet wird, schmeckt deshalb süß.
Das Stärkmehl bildet zwar den hauptsächlichsten, aber
nicht gerade den zumeist nährenden Bestandteil des Mehles.
Wenn man nämlich auf die oben angegebene Weise aus dem im
Säckchen enthaltenen Mehl das Stärkmehl abgeschieden hat, und
man kocht nun das im Gefäß befindliche klare Wasser, so gerinnt in
diesem alsbald ein weißlicher Stoff, welcher oben schwimmt und wie
geronnener Käse aussieht. Mannennt denselben P flanzeneiweiß,
weil er eine große Ähnlichkeit mit dem Eiweiß der Vogeleier hat.
Das Pflanzeneiweiß ist so nährend wie das tierische und deshalb
ein sehr wichtiger Bestandteil des Mehles.
In dem Wasser, welchem nun auch das Pflanzeueiweiß ent¬
nommen ist, befindet sich endlich noch eine geringe Menge
Zucker.
Öffnet man nach dem Ausscheiden der drei genannten Stoffe
das Säckchen, so findet man darin eine graue, mit Kleie ver¬
mengte, zähe Masse, welche fast wie Leim in Fäden gezogen werden
kann. Sie heißt deshalb Pflanzenleim oder Kleber. Pflanzen¬
eiweiß und Kleber sind neben dem Stärkmehl die vorzüglich¬
sten nährenden Bestandteile der Getreidekörner. Die ersteren
beiden liegen mehr in den äußeren Schichten der Körner; daher
kommt es, daß Mehl, aus welchem durch Sieben alle Kleie
sorgfältig entfernt ist, weniger Nahrungsstoff enthält als