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124. Blau-Yeilchen.
Ein kleines Blau-Yeilchen
stand eben erst ein Weilchen
unten im Tal am Bach.
Da dacht’ es einmal nach
und sprach:
„Daß ich hier unten blüh’,
lohnet sich kaum der Müh’,
muß mich überall bücken
und drücken,
hin so ins Niedere gestellt,
sehe gar nichts von der Welt.
Drum wär’ es ganz gescheit getan,
ich stieg ein bißchen höher hinan.“
Und wie gesagt, so getan.
Aus dem Wiesenland
mit eigener Hand
zieht es ein Beinchen nach dem andern
und begibt sich aufs Wandern.
„Drüben der Hügel wär’ mir schon recht;
wenn ich den erreichen möcht’,
könnt’ ich ein Stückchen weiter sehn;
dahin will ich gehn.“
Und so, in behendem Lauf,
steigt das Veilchen den Hügel hinauf,
pflanzt sich dort oben ein
im schönsten Sonnenschein.
Kaum aber hat es hier einen Tag gestanden,
meint es: „Von allen Landen
sieht man hier oben kein großes Stück,
man hat keinen freien Blick;
aber auf jenem Berge dort,
das wär’ ein Ort,
wo ich wohl möchte stehn,
um in die weite Welt zu sehn.
Drum wär’ es noch gescheiter getan,
ich stieg ein bißchen höher hinan.“
Und wie gesagt, so getan.