Full text: Fortbildungsschulkunde

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II. Spezieller Teil. 
auf seiner Lehrstelle im allgemeinen nicht in solcher Ausführlichkeit und 
Gründlichkeit erlernen könnte, bei Friseuren z. B. aus das Anfertigen von 
Perücken, bei Kellnern auf das Decken von Tafeln u. f. w. Dadurch nähert 
sich allerdings die Fortbildungsschule schon der Fachschule, aber gewiß 
nicht zu ihrem Schaden. 
2. Die Disziplin in der Fortbildungsschule. 
<£s ist von vielen Seiten immer und immer wieder geklagt worden, 
daß es sehr schwer sei, in der Fortbildungsschule, wenigstens in derjenigen 
für Knaben, eine gute Disziplin aufrechterhalten zu können. Und doch 
ist, wie ein geflügeltes Wort sagt, eine gute Disziplin besser als eine 
gute Doktrin. Die Ursachen dieser Erscheinung sind nicht schwer aufzu¬ 
finden. Die Schüler befinden sich eben in der Zeit der „Flegeljahre", 
und außerdem gewähren ihnen die modernen sozialen Verhältnisse ein 
so großes Maß von Selbständigkeit, daß sie sich nur unwillig der Autorität 
und einem gewissen Zwang fügen wollen. Dieser Umstand aber ist gerade 
eine der chauptursachen mit für die Notwendigkeit der Fortbildungsschule 
und gibt zugleich die Mittel an, die zur Aufrechterhaltung einer guten 
Disziplin notwendig find. 
Während in früherer Zeit die Lehrlinge der väterlichen Zucht des 
Meisters und Lehrherrn unterworfen waren, im Hause des Meisters 
wohnten und zur Familie desselben gerechnet wurden, ist das jetzt vielfach 
nicht mehr der Fall, so daß die jungen Leute zu dem Glauben kommen, 
sie brauchten sich irgend welchen Autoritäten nicht mehr zu fügen. Sie 
verdienen in vielen Fällen auch schon Geld, über das sie zum Teil auch 
schon frei verfügen können, wodurch sie in ihren Ansichten über ihre 
Selbständigkeit nur noch bestärkt werden. Hier hat nun die Fortbildungs¬ 
schule einzutreten, um das, was durch die jetzigen sozialen Verhältnisse ge¬ 
sündigt werden muß, zu korrigieren. Wenn man nun die Ansicht aus¬ 
gesprochen hat, das werde der Fortbildungsschule nie gelingen, so unter¬ 
schätzt man den Einfluß derselben doch gewaltig. Denn das, was in 
früheren Zeiten der einfache Mann fertig gebracht hat, das muß 
doch erst recht dem pädagogisch geschulten Lehrer möglich sein, auch wenn 
er nur wenige Stunden in der Woche mit dem jungen Menschen zu 
tun hat. Und wenn ihm das auch nicht in vollem Umfange gelingen sollte, 
so wird er doch nach gewisser Richtung hin die Schüler in Zucht und 
Ordnung halten können und das schwindende Autoritätsgesühl in ihnen 
aufrechterhalten. Freilich ein Lehrer muß es fein, ein in jeder Beziehung 
vortrefflicher Lehrer, der nicht nur über ein reiches wissen und methodisches
	        
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