Full text: Der Weltkrieg im Unterricht

2. Deutsch und Gesang. 
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denn mit beit Briefen ihrer Gefangenen zu tun? (Untersuchen sie.) 
Zu welchem Zweck? (Sie sollen ihren Landsleuten nichts verraten.) 
Mag es den deutschen Gefangenen auch noch so gut gehen, sehnsüchtig 
verlangen sie nach der Heimat. Wie mag das kommen? (Fremde Um¬ 
gebung, können sich mit ihren Wächtern nicht oder doch sehr schlecht ver¬ 
ständigen (wir sehen es ja bon unsern Gefangenen), fremde Wörter 
klingen an chr Ohr. Sie hören einen Wirrwarr von Wörtern und ver¬ 
stehen nichts. Vielleicht wirft man ihnen Schimpfworte zu, die sie sich 
gefallen lassen müssen, ohne daß sie etwas dazu sagen können. Mögen 
die Feinde auch noch so freundlich zu den deutschen Gefangenen sein in 
ihren Wörtern und Reden, immer werden sie den Feind in der fremden 
Sprache erkennen.) Sie können die fremden Sprachen nicht lieben, es 
ist ihnen wehe ums Herz, wenn sie fremde Zungen üben, fremde 
Wörter brauchen müssen; die sie nicht lieben können, die nicht klinge;: 
wie ein Gruß. 
Zusammenfassung. Die fremde Sprache können die Soldaten, und mit 
ihnen auch wir, nicht lieben. Ihr notwendiger Gebrauch stimmt uns traurig. 
Weil unsere Soldaten die fremde Sprache nicht lieben können, 
schreiben sie immer wieder in ihren Briefen und Karten: „Schickt 
Zeitungen, Liederbücher, Bibeln usw.!" Den Truppen an der Front 
kann man diese Sachen leicht senden. Sie freuen sich ungemein über 
solche Liebesgaben. Wie wird sich diese Freude äußern? (Nach Sieges¬ 
nachrichten erschallt durch ihre Reihen großer Jubel, singen gemeinsam 
Lieder.) Schwieriger ist es, den Gefangenen solche Liebesgaben zu¬ 
kommen zu lassen. Versteckt, in einem Brot oder zwischen Wollsachen, 
schickt man ihnen Zeitungen. Warum lieben die Gefangenen denn gerade 
die Zeitungen so? (Bieten ihnen vieles aus der Heimat, Kriegsnach¬ 
richten, Reichstagsitzungen usw.) Die Kriegsnachrichten könnten sie ja 
doch auch aus fremden Blättern lesen? (Gefälscht.) Vielleicht hat man 
ihnen ihre Liederbücher oder Gesangbücher gelassen. In trüben Stunden 
erheitern sie sich durch ein deutsches Volkslied, das sie gemeinsam singen. 
Dann erkennen sie die Klarheit und Reinheit der deutschen Sprache 
gegenüber den fremden Sprachen. „Sprache, schön und wunderbar, ach, 
wie klingest du so klar!" Immer wieder lesen sie in ihren Büchern 
und Testamenten; ganze Stücke lernen sie auswendig. Immer tiefer 
dringen sie dadurch in die Muttersprache ein. Sie fassen den Vorsatz, 
wenn sie wieder in die Heimat kommen: „Will noch tiefer mich ver¬ 
tiefen in den Reichtum, in die Pracht!" Mitgefangene Pfarrer oder 
Lehrer halten Ansprachen in kerniger, deutscher Sprache. So erheben 
sie sich. Auch die Schriften längst verstorbener Verfasser senden. wir 
ihnen. (Lieder von Arndt, Körner u. a.) Wenn die Gefangenen diese 
Schriften lesen, so ist es ihnen, als ob die Väter ihre Erlebnisse er¬ 
zählten, als ob sie vor ihnen redend und handelnd aufträten.
	        
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