174 Das Mittelalter. §. 252. 253.
zubüßen, suchten die Großen, von denen damals die Wahl (Kur) vorzugs¬
weise ausging, und die daher in der Folge Kurfürsten genannt wurden,
die Erhebung eines an Land und Leuten mächtigen Fürsten zu hintertreiben.
Weich bedurfte man aber doch eines kräftigen Mannes, welcher im Stande
wäre, der herrschenden Gesetzlosigkeit zu steuern und die drohende Uebermacht
des Königs Ottokar von Böhmen, Mähren und Oesterreich zu brechen.
V Alle diese Eigenschaften besaß Graf Rudolf von Habsburg, auf den jetzt der
Sab36ur8 ibrn befreundete Erzbischof Werner von Mainz die Wahl lenkte. Seme
\2™r Stammaüter im Elsaß und in der Schweiz waren zwar ansehnlich, aber
' ohne territoriale Geschlossenheit und flößten daher den Wahlfürsten kerne
Furcht ein; seine Tapferkeit, Kraft und Klugheit waren längst erprobt und
anerkannt, und was seine Erhebung besonders förderte, war seine Frömmigkeit
und die Zuneigung, die er stets der Kirche und dem Klerus bewiesen. Als
daher Rudolf dem Papste und den deutschen Fürsten den Fortbestand ihrer
errungenen oder angemaßten Gebiete und Rechte zugesichert hatte, wurde die
Wahl allgemein anerkannt und Alfons von Castilien zur Entsagung
gebracht 'Rur Ottokar verweigerte die Huldigung und erschien nicht auf
dem angekündigten Reichstag. Da erklärte ihm Rudolf den Krieg, rückte
unter dem Beistande seiner Schweizer und Elsässer und der deutschen
Fürsten, die er durch Verheirathung mit seinen zahlreichen Töchtern an fem
Haus geknüpft, in das Gebiet des Feindes und gewann den glorreichen
1278. auf dem Marchfelde. Ottokar fand in der Schlacht seinen Tod; sei»
nem Sohne Wenceslaus verblieb nur Böhmen mit Mähren; die
übrigen Länder, Oesterreich, Steher mark und Krain, verlieh Rudolf
seinen Söhnen und wurde dadurch der Gründer der habsburgisch-
österreichischen Hausmacht.
§. 252. Da Rudolf von Habsburg jede Einmischung in Italiens An-
gelegenheiten mied, so konnte er seine Kräfte ungetheilt den deutschen Landen
zuwenden. Durch eine Reihe von Feldzügen und Kämpfen, besonders in
Schwaben gegen den raubsüchtigen Eberhard von Würtemberg und
in Burgundien, gelang es ihm, viele dem Reiche entfremdete Lehen, Güter,
Rechte und Gefälle wieder zu erwerben. Sein größtes Verdienst aber bestand
in der Sicherung des Landfriedens und der Herstellung gesetzlicher
Ordnung Er zog im ganzen Reiche umher und hielt strenges Gericht über
den Raübabcl. Ließ er'doch allein in Thüringen 29 Raubritter hinrichten
und 66 Burgen zerstören; und in Franken und am Rhein bezwang er
in einem einzigen Jahr über siebzig Schlösser. Auf einem dieser Züge starb
i29i. er in hohem Alter zu Germersheim und wurde in Speyer bei seinen
königlichen Vorfahren" begraben. Seine Einfachheit, Tugend und Recht¬
schaffenheit verschafften ihm nicht weniger Achtung als sein Verstand, sein
unparteiisches Gericht und seine Kriegsthaten. Rur die poetische Helden-
qröfec der Hohenstaufen wohnte nicht in ihm. /
§ 253. Thcils Furcht vor der rasch aufstrebenden Macht der Habsburger,
theils Abneigung gegen Rudolfs harten, habgierigen Sohn Albrecht bewog
die Fürsten, auf den Vorschlag des Erzbischof8 von Mainz, den tapfern
eibcif »on trafen Adolf von Nassau zu wählen. Aber auch Er strebte wie Rudolf
,29i- nach Vergrößerung seines kleinen Gebiets und bediente sich daher der Hülfs-
1298. gelber, die er von dem König von England zur Aushebung deutscher Truppen
empfangen hatte, um von dem Landgrafen Albrecht dem Unartigen
Thüringen und Meißen zu kaufen (§.240). Dieser schmähliche Handel
verwickelte ihn in einen verheerenden Krieg mit Albrechts Söhnen Friedrich
mit der gebissenen Wange" und Diezmann, die der entartete Vater um