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D. Rechnen.
Zinstaxen, sein sollten, der Gläubiger nicht berechtigt war, noch weitere Zinsen
zu fordern. Vom 16. Jahrhunderte ab finden wir allmählich die
Einführung von Zinstaxen in allen europäischen Staaten. Als
höchsten erlaubten Zinsfuß nahm man 5 %, im Handelsverkehre 6 %
an, bedrohte aber das Überschreiten dieses Satzes als Verbrechen mit
Strafe. Die neuere volkswirtschaftliche Anschauung wandte sich mit
aller Entschiedenheit gegen die Zinstaxen. Roscher behauptet, daß
der Zins für ein dargeliehenes Kapital sich auch nach dem allge¬
meinen Preisgesetze zu richten habe. Die Höhe des Zinsfußes ist
danach der freien Vereinbarung des Gläubigers und Schuldners zu
überlassen. Eine höchste Procentzahl, über welche hinaus der Zins
als eine billige Entschädigung nicht mehr anzusehen ist, läßt sich für
viele Gewerbevorsälle gar nicht feststellen. So kann der Inhaber
eines flott gehenden Kurzwarengeschästs ohne Rot 10°A> zahlen. Er
wird doch in kurzer Zeit eiu reicher Mann werden, während der
Landmann bei 5—6% zurückkommt. Erkläre das! In den letzten
30 Jahren hat man die Zinstaxen (Wuchergesetze) fast überall auf¬
gehoben, da die Erfahrung lehrte, daß sie überall umgangen wurden.
Für den norddeutschen Bund wurden 1867 die Wuchergesetze aufge¬
hoben. Das wurde 1871 für ganz Deutschland eingeführt. Es ist
dadurch der Zins in jeder Beziehung frei gegeben worden. Zum
Schutze der Schuldner ist jedoch noch die Bestimmung getroffen
worden, daß dieselben, falls sie nicht etwa Kaufleute sind, einen
Vertrag, der mehr als 6 % bedingt, unter allen Umständen sechs¬
monatlich kündigen dürfen. Die öffentlichen Pfandleiher dürfen
nicht über eine bestimmte Höhe hinaus Zinsen nehmen. Dem ge-
schästsunkundigen und leichtsinnigen Menschen ist damit freilich wenig
gedient. Die Wucherer wissen die gesetzlichen Vorschriften auf tausend¬
fältige Weise zu umgehen. Ich kann euch allen nur die äußerste
Vorsicht anraten. Es ist schon manches junge Blut, das in die
Hände solcher Blutsauger fiel, ins Unglück dadurch geraten. Der
solide kleinere Geschäftsmann, Handwerker und Landwirt (und solche
wollt ihr doch fast alle werden, wenigstens alle solide Leute) braucht
sich nie mit Wucherern einzulassen. Bedarf er des Geldes, so wende
er sich an einen Vorschußverein oder an einen landwirtschaftlichen
Raiffeisenschen Kreditverein. Über deren Einrichtung spreche ich
noch besonders. Hier wirst du als selbständiger, ordentlicher Mensch
stets Geld zu mäßigen Zinsen geliehen erhalten.
Einkommen. 7. a. Wir haben bisher gelernt, daß sich das Einkommen