Full text: Volkswirtschaftliche Ergänzungen zum Lehrstoffe der Volksschule

186 
D. Rechnen. 
Zinstaxen, sein sollten, der Gläubiger nicht berechtigt war, noch weitere Zinsen 
zu fordern. Vom 16. Jahrhunderte ab finden wir allmählich die 
Einführung von Zinstaxen in allen europäischen Staaten. Als 
höchsten erlaubten Zinsfuß nahm man 5 %, im Handelsverkehre 6 % 
an, bedrohte aber das Überschreiten dieses Satzes als Verbrechen mit 
Strafe. Die neuere volkswirtschaftliche Anschauung wandte sich mit 
aller Entschiedenheit gegen die Zinstaxen. Roscher behauptet, daß 
der Zins für ein dargeliehenes Kapital sich auch nach dem allge¬ 
meinen Preisgesetze zu richten habe. Die Höhe des Zinsfußes ist 
danach der freien Vereinbarung des Gläubigers und Schuldners zu 
überlassen. Eine höchste Procentzahl, über welche hinaus der Zins 
als eine billige Entschädigung nicht mehr anzusehen ist, läßt sich für 
viele Gewerbevorsälle gar nicht feststellen. So kann der Inhaber 
eines flott gehenden Kurzwarengeschästs ohne Rot 10°A> zahlen. Er 
wird doch in kurzer Zeit eiu reicher Mann werden, während der 
Landmann bei 5—6% zurückkommt. Erkläre das! In den letzten 
30 Jahren hat man die Zinstaxen (Wuchergesetze) fast überall auf¬ 
gehoben, da die Erfahrung lehrte, daß sie überall umgangen wurden. 
Für den norddeutschen Bund wurden 1867 die Wuchergesetze aufge¬ 
hoben. Das wurde 1871 für ganz Deutschland eingeführt. Es ist 
dadurch der Zins in jeder Beziehung frei gegeben worden. Zum 
Schutze der Schuldner ist jedoch noch die Bestimmung getroffen 
worden, daß dieselben, falls sie nicht etwa Kaufleute sind, einen 
Vertrag, der mehr als 6 % bedingt, unter allen Umständen sechs¬ 
monatlich kündigen dürfen. Die öffentlichen Pfandleiher dürfen 
nicht über eine bestimmte Höhe hinaus Zinsen nehmen. Dem ge- 
schästsunkundigen und leichtsinnigen Menschen ist damit freilich wenig 
gedient. Die Wucherer wissen die gesetzlichen Vorschriften auf tausend¬ 
fältige Weise zu umgehen. Ich kann euch allen nur die äußerste 
Vorsicht anraten. Es ist schon manches junge Blut, das in die 
Hände solcher Blutsauger fiel, ins Unglück dadurch geraten. Der 
solide kleinere Geschäftsmann, Handwerker und Landwirt (und solche 
wollt ihr doch fast alle werden, wenigstens alle solide Leute) braucht 
sich nie mit Wucherern einzulassen. Bedarf er des Geldes, so wende 
er sich an einen Vorschußverein oder an einen landwirtschaftlichen 
Raiffeisenschen Kreditverein. Über deren Einrichtung spreche ich 
noch besonders. Hier wirst du als selbständiger, ordentlicher Mensch 
stets Geld zu mäßigen Zinsen geliehen erhalten. 
Einkommen. 7. a. Wir haben bisher gelernt, daß sich das Einkommen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.