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nition, die ihn als das Resultat der Drehung eines Strahles um
seinen Endpunkt bezeichnet. Die Entwicklung bei der Definition
geschieht am besten in folgender Weise:
Wir zeichnen an die Tafel zwei sich schneidende Gerade.
Ich frage: In wie vielen Punkten können sie sich schneiden?
Die Frage erscheint dem Schüler zunächst überflüssig. Er sieht es
ja, in einem Punkt. Aber ich frage doch weiter: Können sie
sich nicht in zwei Punkten schneiden? Die Schüler antworten
zweifellos „nein“. Ich frage aber: „Warum können sie sich nicht
in zwei Punkten schneiden?“ Und darauf werde ich keine Antwort
erhalten. Ich werde auf dieser Stufe die Antwort selbst geben
müssen: Könnten sie sich in zwei Punkten schneiden, so wären
ja zwischen den beiden Punkten zwei Gerade möglich und das
widerspricht der vorhin festgestellten Eigenschaft der Geraden.
Indem nun der Schüler die zwei sich schneidenden Geraden
so weit verlängert, bis er an die Grenze seines Blattes Papier
kommt, sieht er, daß die Ebene seines Papierbtattes in vier
Teile geteilt wird. Befinde ich mich in einem Teile, so kann ich
3u dem anderen Teile nur gelangen, indem ich eine Gerade
irgendwo überschreite. Dagegen kann ich mich in dem einen Teile,
ohne daß ich eine Gerade überschreite, immer mehr vom Schnitt¬
punkte entfernen, ohne jemals in der Ebene an eine Grenze zu
stoßen. Denn auch die Ebene geht mit den beiden Geraden, die
ich gezeichnet habe, ins Unendliche. Wir nennen nun einen sol¬
chen Teil der Ebene, der von zwei sich schneidenden Geraden be¬
grenzt wird, einen Winkel. Ich schraffiere den Raum zwischen
den beiden von einem Punkte ausgehenden Strahlen und präge
dem Bewußtsein ein, daß dieser Raum bis ins Unendliche hinaus
verlängert gedacht werden muß.