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merkte ich bald, einen ganzen Haufen erdachter Geschichten aufgebunden 
und mir für den Grog, den ich ihm von meinem geringen Taschen¬ 
gelde gekauft hatte, wie man zu sagen pflegt, „gehörig die Hucke voll¬ 
gelogen". 
Die Belehrung des guten, alten Witt hatte mich allmählich zaghaft 
gemacht, und wenn auch nur leise, kam doch bereits der Gedanke: „Hast 
du richtig gehandelt, diesen Beruf zu wählen?" Jetzt jedoch war es zu 
spät. Ich gedachte der Worte des Vaters, daß ich meinen Willen haben, 
aber auch allein alle Folgen tragen sollte, und war entschlossen, alles 
hinzunehmen. 
Nach Ablauf der mir bewilligten Frist begab ich mich an Bord meines 
Schiffes. Um ihm einen neuen Kupferbeschlag zu geben, war es auf das 
Land geholt. Es stand, überall mit Balken abgestützt, noch auf der „Helling" 
genannten schiefen Ebene und sollte demnächst wieder ins Wasser gelassen 
werden. 
IV. 
Mein Empfang an Bord war keineswegs dazu angetan, meine Stim¬ 
mung zu heben. Der Kapitän, ein sehr schweigsamer und grimmig drein¬ 
blickender Mann, beachtete mich kaum. Der Obersteuermann, an den ich 
gewiesen wurde, fragte nur nach meinem Namen, um mir dann zu sagen: 
„Geh zum Bootsmann, er wird dir Arbeit geben!" Die Matrosen schauten 
mich neugierig, aber keineswegs mit Wohlwollen an. Sie machten in 
ihrem Plattdeutsch — das allein wurde an Bord gesprochen — über 
mich Bemerkungen. Ich verstand sie kaum halb, da das Hamburger Platt 
von dem meiner Heimat sehr verschieden ist, aber schmeichelhaft und er¬ 
mutigend waren sie für mich nicht. 
Unterdes war auch meine Seekiste an Bord gekommen. Sie wurde 
zu andern vor den „Kojen", den Wohnräumen der Seeleute, aufgestellt. Ich 
bekam keinen kleinen Schreck, als ich den Raum erblickte, in dem 18 Men¬ 
schen, die Besatzung des Schiffes außer dem Kapitän und zwei Steuer¬ 
leuten, für die Dauer der Reise, also fast ein Jahr lang leben sollten. 
Er war nur fünfzehn Fuß lang und fünfundzwanzig Fuß breit und dabei 
so niedrig, daß selbst ich, der ich noch nicht ganz ausgewachsen war, nicht 
ganz aufrecht darin stehen konnte. Und doch enthielt er sechzehn Kojen, 
vor denen noch die achtzehn Seekisten der Besatzung standen, und zwei 
kleine Hängetische. Nur mit Vorsicht konnte man sich daher in dem Raume 
bewegen. Da nur sechzehn Kojen vorhanden waren, mußten sich die vier 
Jüngsten in zwei teilen, eine Aussicht, die mich keineswegs entzückte. 
Doch ich hatte keine Zeit, weiter darüber nachzudenken. Denn kaum 
hatte ich meine Seegrasmatratze nebst zwei wollenen Decken in meiner Koje 
untergebracht, als auch schon der Bootsmann an der Kappe der Nieder¬
	        
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