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ihr doch leid, gegen den Willen ihres Mannes gehandelt zu
haben. Als sie aber ihre Schürze vor dem Landgrafen öffnete,
siehe! da war diese voll der schönsten Blumen.
Landgraf Ludwig unternahm mit Kaiser Friedrich II. einen
Kreuzzug nach dem gelobten Lande und starb, ohne das Ziel
seiner Ritterfahrt erreicht zu haben, ferne von der Heimat. Nur
als Leiche sah ihn Elisabeth wieder. Der neue Landgraf, Hein¬
rich Raspo, sein Bruder, behandelte sie nun hart und vertrieb
sie sogar aus dem Schlosse Wartburg. Ihr kleines zweijähriges
Mädchen auf dem einen Arme, an der Hand ihr dreijähriges
Töchterchen, zog sie von der Wartburg herab und suchte als
Bettlerin ihren kümmerlichen Unterhalt; denn die undankbaren
Menschen hatten ihre unzähligen Wohlthaten vergessen, sie wand¬
ten sich von ihr ab und stießen sie von ihren Hütten fort. End¬
lich wurde das Herz des Heinrich Raspo erweicht, er nahm sie
wieder in seine Burg auf und wies ihr später das Schloß zu
Marburg als ihre Wohnung an. Sie setzte hier ein Leben, das
der Entsagung und Wohlthätigkeit gewidmet war, nach gewohn¬
ter Weise fort und nährte sich vom Wollspinnen. Ihr Vater,
König Andreas von Ungarn, vernahm von ihrer Not und schickte
Gesandte ab, die sie an den Hof des Vaters zurückbringen sollten;
allein sie verweigerte standhaft ihre Rückkehr und lebte in Nied¬
rigkeit und Armut zu Marburg bis zu ihrem Tode, der schon
im 24. Jahre ihres Lebens erfoicjte. Ihre Verwandten bauten
über ihrem Grabe die schöne Eüsabethkirche zu Marburg.
27. Dismas, der reumütige Schächer.
Als die heilige Familie, um den Nachstellungen des grau¬
samen Herodes zu entgehen, nach Ägypten geflohen war, wurde
sie von Räubern überfallen, die sie, ungeachtet aller flehentlichen
Bitten, zu ermorden drohten. Unter den Räubern befand sich
aber auch ein Jüngling, der, durch den lieblichen Blick des holden
Jesuskindes gerührt, den übrigen Gefährten so ernstlich zuredete,
daß sie ihr abscheuliches Vorhaben aufgaben. Und dieser junge
Räuber war, wie die Legende erzählt, Dismas, der rechte Schächer.
Um jener Barmherzigkeit willen, die er dem göttlichen Heilande als
schwachem Kinde bezeigte, gab er ihm die Gnade eines reumüti¬
gen, seligen Todes. Laßt uns daher auch barmherzig gegen die
Armen, die Brüder Christi, sein; dann wird auch uns in der
letzten Stunde unsers irdischen Lebens eine himmlische Stimme
zuflüstern: „Heute noch wirst du bei mir im Paradiese sein."