Full text: Für Mittelklassen (Stufe 2)

125 
des Sommers zieht er in das Feld, blutdürstig wie der wildeste Mord— 
geselle. Leise hebt der Iltis die Beine und von seinen Sprüngen hörst 
du nicht das mindeste Geräusch, die behaarten Sohlen seiner Pfoten 
geben ihm einen weichen Tritt, wie ihn die Katze hat. Bei jedem 
Sprunge biegt sich der schlanke, etwa *5 Elle lange Leib im Bogen 
nach oben; wie eine Schlange gleitet er zwischen Gras und Kräutern 
hindurch. 
Ein Mäuschen hüpft in der Ackerfurche, flink wie ein Tanzmeister; 
aber der Iltis versteht das Springen noch besser, ein Satz und ein 
Biß! — kaum daß das Tierchen noch einen Notschrei ausstoßen konnte, 
so ist sein Kopf schon zermalmt. Ein schlechter Anfang, meint der 
Iltis, aber etwas ist besser, als nichts. Er zieht weiter zum Hamster— 
hau. Der alte Geizhals sitzt vor seinem Hause und putzt sich mit den 
Pfoten den Tau vom Barte. Da springt ihm der Iltis von hinten 
auf das Genick, und ehe der Erschrockene sich umwendet, um mit den 
kräftigen Zähnen sich zu wehren, sind ihm schon die Halsadern zer— 
rissen. Die Mahlzeit lohnt sich schon besser, spricht der Mörder; aber 
das Beste ist das weiche Nest, es giebt ein hübsches Sommerquartier. 
Die Mordlust treibt ihn weiter; am Feldraine macht er Halt. Hier 
riecht es nach Honig, die Hummeln haben gewiß schon eingetragen. 
Er kratzt sie heraus und verspeist die süße Frucht ihrer Arbeit. Eine 
Kröte schleicht zwischen den Kohlpflanzen umher und sucht die Schnecken 
ab. Schlechtes Fleisch das! knurrt der Iltis, kaum zwei Tropfen 
Blut im ganzen Tiere und obendrein kalt wie Bachwasser, aber für 
den Fall der Not ist es doch zu brauchen. Er will sie eben nach dem 
Hamsterloche schleppen, als es dicht neben ihm raschelt: ein Aal 
macht einen Nachtspaziergang nach dem Erbsenfelde. Nur wenige 
Windungen macht er nach vorwärts, und die scharfen Zähne des Iltis 
sitzen ihm im Fleische. Es giebt einen wilden Kampf; denn der Aal 
ist ein kräftiger Bursche und nimmt es schon mit einem Feinde auf. 
Aber der Iltis faßt den glatten Gesellen so, daß dieser sein Gebiß 
nicht gebrauchen kann, zerbeißt ihm den Schädel und schleppt ihn in 
die Vorratskammer des Hamsters. Wenige Minuten darauf ist er 
schon wieder auf der Jagd. Dort hinter dem Klee hat eine alte 
Rebhenne ihr Nest, sie sitzt auf den Eiern und schläft. Der Iltis 
faßt sie und beißt ihr den Kopf ab. Hungrig ist er nicht mehr, er 
will nur etwas Leckeres haben; so säuft er ein wenig Blut, frißt das 
Gehirn und schleppt dann das Rebhuhn zu Kröte und Aal. Dann 
kehrt er zurück und holt auch die Eier, eins nach dem andern, geschickt 
drückt er sie mit dem Kinne gegen die Brust und trägt sie in seinen 
Schlupfwinkel, ohne eins zu zerbrechen. Hindert ihn morgen etwa 
das Wetter am Ausgehen, so öffnet er sie vorsichtig mit den Zähnen 
und leckt sie aus. Kein Tier des Feldes ist vor dem Iltis sicher, 
selbst die Kreuzotter nicht. 
Das Beste am Tiere ist der Balg, Mitte Winters bezahlt ihn der 
Kürschner mit einem Gulden. Wenn sich der unangenehme Geruch 
verloren hat, den das Tier bei Lebzeiten hatte, so nimmt sich der 
braunschwarze Pelz mit weichem gelblichem Wollhaar recht hübsch aus.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.