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quicken und die Erde mit fruchtbarem Tau auffrischen. Dein Kleid
soll sein grün, dem grünen Holze des Lebens zu Ehren. Dein Amt
soll sein, den Menschen täglich zu predigen, daß ihrer nach dem
Trübsalswinter des irdischen Lebens der stets grünende Frühling der
Ewigkeit warte.
Zu der anderen Jahreszeit wurde gesagt: Dein Name soll Sommer
heißen, weil du täglich von der Sonne Klarheit mehr und mehr zeugen
sollst; und dein Kleid soll sein von tausend Farben zur Erinnerung,
daß die Güte des Herrn tausendfältig unter den Menschen blühe.
Dein Amt soll sein zu predigen, daß die unsichtbare Sonne kräftiger
sei in den Herzen der Frommen, als die sichtbare Sonne in den Ge—
wächsen der Erde, sie zu ihrer Vollkommenheit zu bringen.
zZu der dritten Jahreszeit wurde gesagt: Dein Name soll Herbst
heißen, weil du den herben Winter ankündigen sollst. Dein Kleid soll
grau sein zu guter Erinnerung an den greisen Tod. Dein Amt soll
sein, den Menschen täglich zu predigen, wie alles Fleisch Heu und alle
Herrlichkeit des Menschen wie das Gras auf dem Felde sei; denn der
Geist des Herrn bläsetl darein. Das schönste Obst, welches du den
Meunschen giebst, soll ihnen weisen, daß auch ihre Leiber täglich faul
und mürbe werden.
Zu der vierten Jahreszeit wurde gesagt: Dein Name soll Winter
heißen, weil der Wind dein Herr ist und Ungewitter, Sturm, Frost
und Schnee nach und nach erregen wird. Vein Kleid soll schnee⸗
weiß sein, dem hinfallenden Alter zum Gedächtnisse. Dein Amt soll
sein, den Menschen täglich zu predigen: Dulde das Böse, hoffe das
Beste; denn nach dem Winter kommt der Sommer, nach Ungewitter
Sonnenschein, nach Trauern Freude, nach der Vergänglichkeit die
Ewigkeit.
106. Das Rirchenjabhr.
Zur heiligen Weihnacht vard's beschert,
dass Gott bei so armem Volk einkehrt.
Karfreitag giebt dié Dornenkron'
ihm für so reiche Huld zum Lohn.
Ostern macht er den Tod zum Spott,
dass er vergriff sich selbst an Gott.
Setzt auf den Thron sich Himmelfabrt;
gar treulich nun seine Kirche wabrt.
Taässt das am Pfingstfest plötzlich seh'n
dureh seines Geistes gewaltig VNeh'n;
und bis ans End' sie nicht mehr lässt,
wie dir dies zeigt das Totenfest.
Solch' reicher Gnad' sich stets zu freu'n,
Setzt er dann auch den Sonntag ein.