Römische Sprache. 103
Inhalte derselben. So entstand der Codex Tlieodu-
sianus.
275.
Römische Sprache.
Wenn man die römische Kultur und Literatur,
von ihrem goldenen Zeitalter unter dem August bis herab
zu ihrem unaufhaltbaren Sinken, mit aufmerksamem Blicke
begleitet; so findet man schon in Augusts Zeitalter eine
einseitige Richtung des Geschmacks, welche eine nothwendige
Folge der Veränderung der Regierungsform
und der, durch die Bürgerkriege und durch d a S
höher steigende Sittenverderben bewirkten, Er¬
schlaffung des ganzen Geistes des römischen
Volkes war. Die Kraft der Beredsamkeit erlag dem sich
weiter ausbildenden Despotismus; der hohe dichterische
Schwung ward von der allgemeinen Entnervung erstickt;
das wirkliche Leben mit seinen Ausschweifungen stand mit
dem strengen Systeme der Stoiker im schneidenden Wider¬
sprüche; die Wissenschaften und Künste wurden in der Nahe
des Hofes schmeichlerisch, gesucht und manirirt. Die An¬
strengung des Geistes, der nicht mehr von dem frühern
eigenthümlichen Leben aufwogte, rächte sich durch Erkünste¬
lung, die bald unter der Gestalt einer erschlaffenden Weich¬
heit, bald unter Uebertreibungen in der Schilderung der
Tugenden und Lasier erschien, im Ganzen aber die Sprache
von ihrem frühern Charakter und von ihrer männlichen Reife
zu jener Entartung führte, wie sie bereits in HadrianS
Zeitalter erscheint, wo keine Wiederherstellung des
gesunkenen Geschmacks, sondern nur höchstens eine
von den Imperatoren neugeweckte literarische Thätigkeit
möglich war, welche durch die von den Kaisern angelegten
bedeutenden Büchersammlungen befördert ward. Die Be¬
soldungen , welche V e sp a si a n den Grammatikern und
Rhetoren zu Rom aussetzte; die Freigebigkeit, mit welcher
Titus Redner, Dichter und Künstler belohnte; das Athe¬
näum, welches Hadrian für Redner, Dichter und Philo¬