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Vierter Zeitraum.
Ueberhaupt gehört es zu dem Schatten neben dem Lichte
seiner Regierung, daß er die Größe seines Vorgängers nicht
gut ertragen konnte, viele Einrichtungen desselben eigenmäch¬
tig veränderte, und den Antritt seiner Regierung mit der
Hinrichtung von vier edlen Senatoren, Anhängern des Tra-
jan, bezeichnete; auch verdunkeln einzelne Züge von Grau¬
samkeit und der Hang zu den Ausschweifungen der Wollust
die hellen Seiten seiner im Ganzen fwr das römische Reich
wohlthätigen Regierung. Freilich kam er, nicht zu seinem
Vortheile, zwischen die Regierungur des Trajan, der schon
frühzeitig den Beinamen Optimus erhielt, und der beiden
Antonine zu stehen. Er besaß die Liebe des Volkes durch
beträchtliche Geschenke, die er austheilte; auch vergrößerte
er die vom Trajan für die öffentliche Erziehung armer Kin¬
der bestimmte Summe. Bei der Sonderbarkeit, sein Reich
mit unbedecktem Kopfe und größtentheils zu Fuße zu durch¬
reisen, war doch seine eilfjahrige Reife durch die west¬
lichen und östlichen Provinzen des Reiches das
sicherste Mittel, die Bedürfnisse der Römer genau kennen zu
lernen, und an Ort und Stelle zweckmäßige Einrichtungen
zu machen. Er kehrte aber wahrend dieser Zeit mehrmals
nach Rom zurück.
Da er von seiner Gemahlin Sabina keine Kinder hatte;
so adoptirte er zuerst (136 ». C.) den Lucius Aure-
lius Berns, aus einer vornehmen römischen Familie, der
seit dieser Zeit A e li u s Veru s hieß. Als aber dieser (138)
ein Opfer seiner Ausschweifungen ward, adoptirte er den
T. A u r e l i u s A n t o n i n u s (nach der Adoption A e l i u s
A d r i a n u s A n t o n i n u s P i u s), doch mit der Bedingung,
daß dieser wieder den M a rené A u r eli u s A n t o n i n u s,
und den Lucius Berns, Sohn des verstorbenen A e l i u s
Ve ru s, adoptiren mußte.
Eine schmerzhafte Krankheit, die Brustwafferfucht, ver¬
stimmte ihn in der nächsten Zeit vor seinem Tode (l0 Jul.
138), und ließ seinen Hang zur Harte und Willkühr un-
gemaßigter hervortreten. Er starb im 62sten Jahre seines
Lebens.