Einleitung.
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nisse zum andern mit Eilfertigkeit und im Widerstreite mit
dem Geiste und Charakter ihres Volkes übergehen; wenn sie
blos halbe Maas regeln ergreifen und bei der Ausfüh¬
rung derselben voll Unsicherheit schwanken; wenn blinde Ei¬
fersucht, oder Haß auf benachbarte Regierungen den rich¬
tigen Blick auf das wahre Interesse dcS eignen Staates
verdunkelt; wenn Mangel an Festigkeit in allen ergriffenen
Maasregcln sichtbar wird, und auswärtige Staaten das
Zutrauen zu den befolgten politischen Grundsätzen verlieren;
wenn Selbstsucht und Vergrößerungssucht einzig vorherrschen,
und die Heiligkeit früherer Vertrage durchbrochen wird; wenn
kein rechtmäßiger Besitzstand mehr Sicherheit gewahrt; wenn
man dem vorübergehenden augenblicklichen Interesse den
wohlerworbenen Credit achtbarer Vorfahren aufopfert, und
kein Völkerrecht anerkennt, sobald man sich der Gewalt und
des Uebcrgewichts über minder mächtige Völker und Staaten
ungeahndet bedienen zu können glaubt! Wie viele Beispiele
dieser Art enthalt nicht der Zeitraum kurz vor der französi¬
schen Revolution, und wie allgemein war bereits dadurch
das sogenannte System des politischen Gleichgewichts in
Europa erschüttert, bevor noch der französische Revolutions¬
krieg die schlaffen Bande zwischen den einzelnen Reichen
trennte!
606.
Fortsetzung.
Dazu kam die F i n a n z n o t h und das Schulden¬
wesen der neuern Zeiten! Ein wohlangelegtes Vermögen
ist bei dem Privatmanne, wie bei den Staaten besser, als
ein todtliegender Schatz, und nur bei einzelnen, an schnel¬
len Hülfsmitteln armen und beschrankten, Staaten kann es
durch die Nothwendigkeit entschuldigt werden, für unvorher¬
gesehene Falle einen Schatz zu sammeln. So wie aber der
Credit des Privatmannes unaufhaltbar durch Schulden er¬
schüttert wird, besonders wenn die Zinsen davon die jähr¬
lichen Einkünfte übersteigen; so ist es auch mit den Schul¬
den der Staaten. Der Lurus der Höfe; die Verschwendun-