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II. Der Landwirt in Familie und Besitztum.
verursachte „Langeweile“ so leicht zu sittlich und gesundheitlich ver—
werflichen Äusschreitungen. Anderseits verlangen Körper und Geist
nach der Arbeit eine regelmäßige Ruhe und Erholung. Ohne diese
würden die Leistungsfähigkeit und die Widerstandskraft bald Schaden
leiden und sich überniäßige Reizbarkeit, Abspannung, Schlaflosig—
keit, Kopfschmerz sowie vorzeitiger Kräfteverfall und frühes Alter
einstellen.
So fordert die Pflege der Gesundheit ein richtiges Verhältnis
zwischen Arbeit und Ruhe, Tätigkeit und Erholung. Jedoch lassen
fich hierfür allgemeine Vorschriften nicht aufstellen, weil Arbeitskraft
und Erholungsbedürfnis bei allen Menschen verschieden sind. Vor
allem ist es fsür die Gesundheit nicht gleichgültig, in welcher Art
die neben der Schlafzeit uns übrig bleibenden Ruhestunden ausgefüllt
werden.
2. Geistige Anregung auf der einen, Naturgenuß auf der
andern Seite verschönern allen gebildeten Menschen die Erholungs—
zeit. Namentlich sollte derjenige, den sein Beruf zur körperlichen An—
ftrengung und Bewegung in freier Luft nötigt, seinem Körper in den
Freiflunden Ruhe gönnen und seine Zerstreuung vorzugsweise in geistiger
Änregung, d. h. in verständiger Unterhaltung, im Lesen nützlicher Bücher,
in der Betrachtung schöner Bilderwerke oder in musikalischen Genüssen
fuchen. Wer dagegen vorwiegend geistig beschäftigt ist und seine Arbeits⸗
zeit stehend oder sitzend in geschlossenem Raume zubringen muß, sollte
in der Freizeit seinem Körper Bewegung verschaffen und durch zweck⸗
mäßige Leibesübungen, wie Turnen, Rudern und dergleichen, die
Muskeln stählen und durch Aufenthalt in der freien Natur seinen
Atmungswerkzeugen frische, reine Luft zuführen. Wo aber durch körper⸗
liche Leiden oder Gebrechen die Gesundheit bereits beeinträchtigt ist, da
muß ärztlicher Rat die Anleitung geben, wie die Erholungsstunden
nützlich angewendet werden.
3. Auch die Geselligkeit gewährt eine angenehme und der Ge—
sundheit nicht schädliche Erholung, sofern sie auf ein richtiges Maß
beschränkt bleibt. Der Gedankenaustausch mit anderen Menschen regt
den Geist vorteilhaft an und erweitert den Gesichtskreis des einzelnen.
Die Milteilung eigener Empfindungen und Erlebnisse ist überdies den
meisten ein Bedürfnis und erfordert eine gesellige Aussprache. Nur
wenn das gesellige Zusammensein mit Unmäßigkeit verbunden ist, wenn
babei Leidenschafien erregt werden (z. B. durch Spiel) und dem Körper
der notwendige Schlaf entzogen wird, ist Geselligkeit ebenso verderblich
wie Überanstrengung. Dann beeinträchtigt sie die Leistungskraft, macht
den Menschen unlustig zur Arbeit und führt zu Krankheiten und vor—
zeitiger Abnutzung des Körpers und Geistes.
Nach dem „Gesundheitsbüchlein“ des Kaiserlichen Gesundheitsamts.
Eine Krankheit verhüten ist leichter als sie heilen.
Arbeit, Mäßigkeit und Ruh'
schließen dem Arzt die Türe zu.