Aegypten. 
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dienten doch diese Kunstwerke dazu, eine aus einzelnen 
Nachrichten bestehende Landesgeschichte an sie anzureihen. 
Die wichtigste Frage bleibt aber die: ob die ägyp¬ 
tischen Priester zu Herodots Zeiten diese Hie¬ 
roglyphendenkmäler selbst noch richtig lesen 
und erklären konnten. Denn wenn Hieroglyphen ver¬ 
ständlich werden sollen; so muß nothwendig eine Ueberliefe¬ 
rung, welche den Schlüssel zu ihrer Erklärung enthält, ne¬ 
ben ihnen fortlaufen. In Aegypten waren die Priester im 
ausschließenden Besitze dieser Ueberlieferung; was also die 
altere ägyptische Geschichte betraf, konnten Ausländer nur 
von ihnen erfahren. Da nun schon Moses, der tausend 
Jahre vor dem Herodot lebte, in Aegypten Hierogly¬ 
phen kennt; die Hieroglyphenschrift aber eben so vielen und 
vielleicht noch mehrern Veränderungen im Gebrauche ihrer 
Zeichen unterworfen ist, als die Buchstabenschrift; da end- 
* lich die Ueberlieferung, die sich als Grundlage der Er¬ 
klärung und Deutung der Hieroglyphen neben 
und mit ihnen erhielt, ebenfalls durch Zusätze verändert und 
entstellt werden mußte; so war es wohl nothwendig, daß 
der Sinn von manchen hieroglyphischen Vorstellungen ganz 
verloren ging, und in spätern Zeiten einseitig gefaßt und 
dargestellt ward. Dazu kommt noch, daß man eine und 
dieselbe Hieroglyphe zur Bezeichnung sehr verschiedener Ge¬ 
genstände in ganz verschiedenen Fächern des menschlichen 
Wissens gebrauchte (z. B. anders in der Geschichte und 
anders in der Astronomie), wodurch die Verwechselungen 
unvermeidlich wurden, wie dies auch mit den astronomischen 
und geschichtlichen Mythen geschah. Nicht minder wichtig 
ist es, c>aß die ägyptische Priesterkaste selbst, eben so, wie 
die Hieroglyphenschrift, über das ganze Aegypten verbrei¬ 
tet war; denn jede größere Stadt, die ihren Tempel besaß, 
hatte auch ihre Priester, und gewöhnlich eben so ihre eige¬ 
nen Denkmäler. Schon deshalb konnten die geschichtlichen 
Hieroglyphen zu Memphis, Theben, Sais und He- 
liopolis (On) nicht völlig unter sich übereinstimmend 
seyn, obgleich die Priester zu Heliopolis als die gelehrtesten 
geschildert werden.
	        
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