Einleitung. 
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er irgend ein Volk der Erde mit Kraft an sich heraufziehen 
wollte; zwar ward mancher ein Opfer seiner richtigen Ueber¬ 
zeugung und seines glühenden Durstes nach Thaten; zwar 
ging mancher in dem unbegreiflichen Dunkel wieder unter, 
aus welchem er nur auf eine kurze Zeit, wohlthätig wirkend 
und Segen verbreitend, hervorgetreten war; allein laut ver¬ 
kündigt es die Geschichte, daß nichts Gutes und Großes 
im Kreise der Menschheit ganz verloren gehet, was 
irgendwo und irgendeinmal angeregt ward. Ein spateres 
Zeitalter benutzt mit geübtern und gestärktem Kräften die 
für die Vorzeit verloren gegangenen Wahrheiten; unter an¬ 
dern Verhältnissen und Umgebungen erscheint das früher da¬ 
gewesene und unterdrückte Gute von neuem mit frischer, 
junger Kraft, und gedeiht unter einer milden Pflege. — 
Man hat in der Geschichte bald einen beständigen 
Kreislauf, bald einen rastlosen Fortschritt zum 
Bessern zu finden vermeint. Es kommt alles darauf an, 
wie man es sich denkt. Die Menschheit ist, als Gattung, 
bei allem Wechsel der einzelnen untergehenden und erstehen¬ 
den Völker und Geschlechter, in der Ausbildung und Uebung 
ihrer geistigen Kräfte, in der Vervollkommnung und Er¬ 
weiterung der Wissenschaften, entschieden weiter fortgeschrit¬ 
ten, und spatere Geschlechter haben die reiche Saat der 
Vorzeit zur Blüthe und Frucht reifen sehen. Wir selbst 
bauen auf einer Grundlage fort, die wir Völkern verdanken, 
deren Namen schon seit Jahrtausenden aus der Reihe der 
bestehenden Reiche und Staaten verschwunden find. Ein 
unermeßlicher Kreis von Einsichten, Erfahrungen und Kennt¬ 
nissen, von welchen selbst das hochgefeierteste Zeitalter der 
Griechen und Römer keine Ahnung hatte, gehört der euro¬ 
päischen Menschheit, besonders seit der zweiten Hälfte des 
achtzehnten Jahrhunderts, an. Allein in sittlicher Hin¬ 
sicht scheint der Fortschritt der Menschheit im Ganzen nicht 
so entschieden zu seyn. Zwar werden bei den civilisirteu 
Völkern keine Menschenopfer mehr gebracht; dagegen legt 
eine einzige Schlacht nicht selten viele Tausende in ein weit
	        
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