i4 Hohes Gefühl
getrieben, wenn sie die Bildnisse ihrer großen Vor.Vä-
rer bey gewissen feyerlichen Anlässen erblickte.
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Die Deutschen sind von den ältesten Zeiten her
wegen ihrer Aufrichtigkeit und Redlichkeit berühmt, und
sie hielten es für eine Ehre, so zu denken. Zwey Für¬
sten der Friesen (welche einen Stamm der deutschen
Nation ausmachten) kamen einst nach Rom, um den
Kaiser Nero um die Erlaubniß zu bitten, daß ihre
Landsleute in den von ihnen urbar gemachten Bezirken
jenseit des Rheines sich häuslich niederlassen dürften.
Man führte sie daselbst unter andern in einen der grö߬
ten Schauplätze, damit sie sich von der Menge des rö¬
mischen Volkes einen Begriff machen könnten. Hier er/
blickten sie, als ihnen die ganze Einrichtung erklärt wurde,
einige Ausländer auf den Sitzen der Senatoren. Als
sie äuf ihr Befragen, wer diese wären, erfuhren, man
erweise diese Ehre den Abgesandten solcher Nationen,
welche sich durch Tapferkeit und Treue gegen die Rö¬
mer hervorgethan hätten, riefen sie sogleich aus: „Kein
Volk übertrifft die Deutschen an Tapferkeit oder Treue!"
und setzten sich ohne weitere Umstände unter die Sena¬
toren. Und diese Freyheit, die sie sich nahmen, wurde
wohl aufgenommen. —
4o5.
Der berühmte deutsche Ritter, Ulrich von Hut¬
ten, gab einen sehr sprechenden Beweis seines edeln Na-
tionalstolzes, als der Engländer Lee den berühmten
Erasmus von Rotterdam mit einer beißenden
Schmähschrift verfolgte, in welcher nebenher auch über¬
haupt von dem deutschen Namen nicht zum besten ge¬
sprochen wurde. Huttens Zorn entbrannte; die Sache
des Vaterlandes war seine eigene. Er schrieb an Lee,
verlangte ernstlich von ihm, daß er seine Schmähschrift
sogleich öffentlich zurücknehmen, oder gewärtig seyn sollte.