Der Rhein.
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ten dieselben die Stadt „zu einem offenen Markte römischer Alterthümer und Selten-
heiten". Wiesbaden am Fuße des Taunus mit berühmter Heilquelle und
35,800 schönem Kursaal, prächtigen Anlagen und einer auf dem Nerohügel
errichteten griechisch-katholischen Kapelle, worin das sehenswerthe Sarkophagbild der
nassauischen Fürstin Elisabetha Michailowna von dem trefflichen Bildhauer Hopfgarten.
In der Nähe das schön gelegene Schloß Biebrich am Rhein, mit ehemals berühm-
ten Gewächshäusern. Unterhalb Biebrich im weinreichen Rheingau liegt eine Reihe
wohlhabender Ortschaften. Die vorzüglichsten Weine daselbst wachsen bei Kidrich am
Gräsenberg, bei Hattenheim oberhalb des Markbrunnen', am Steinberge beim ehema-
ligen Kloster Eberbach, am Schloß Johannisberg, bei Nüdesheim und Asmanushauseu;
auch der von Hochheim nahe der Mündung des Mains wird zu den ersten Rheinweinen
gezählt. Des hübschen lebhaften Städtchens Bingen und seiner herrlichen Lage ist
schon Erwähuuug geschehen. Mitten im Strom 500 Schritte oberhalb des Biuger
Loches der wogenumrauschte M ä u s eth u r m. Nicht weit davon, Asmannshansen gegen«
über, sieht eine reizende Ritterbnrg aus die Borüberschiffenden herab; es ist der Rhein-
stein, die der preußische Prinz Friedrich, nnd zwar ganz im Stile des Mittelalters,
wiederhergestellt hat. Ein gleiches ließ der vorige König von Preußen mit der noch
stattlicher gelegenen Burg Stolzenfels, in der Nähe von Coblenz, ausführen.
Kreuznach an der Nahe, schön gelegen, gewerbreich, mit sehr besuchten Soolbädern
und 12,800 E. Unfern die Trümmer des Rheingrafensteins (Stein heißt so viel als
Burg) und der Ebernburg,' die gleich so vielen Ruinen im Rheiulande den Vandalis-
mus der Franzosen vom I. 1689 beurkunden; es waren Schlösser des berühmten
Ritters Franz von Sickingen, der auf seiner Burg Land stuhl (.2 Mln. westl. von
Kaiserslautern auf der Sickinger Höhe) 1523 im Krieg gegen Trier und Hessen einen
zu frühen Tod fand. — Marburg uud Gießen, in beckenartigen Erweiterungen
des Lahnthales gelegene kleine Universitätsstädte. Gießen (12,200 E.) hat der Kunstwelt
2 vorzügliche Kupferstecher geliefert hat, Wille im vorigen Jahrhundert, und Felsing in
diesem. Von Marburg ist, das Gespräch Luthers mit Zwiugli abgerechuet, erwäh-
nenswerth. daß von dort schon i I. 1688 die Idee zu Dampfmaschinen mit Kolben
durch deu Mathematiker Dionys Papin ausging (papinianischer Topf), der ans
Blois an der Loire gebürtig nebst andern gelehrten Protestanten, die der bigotte Louis XIV.
vertrieb, sein Vaterland hatte verlassen müssen. Wetzlar an der mittleren Lahn, ehe-
mals Reichsstadt nnd Sitz des Reichskammergerichts. Erinnerungen an Göthes Aufent-
halt (Werther). Limburg au der Lahu mit schöner Kirche. Die Limburoer Chronik
vom Stadtschreiber Tilmann Emmel kurz vor 1400 ist interessant; Mechtel von Pfalz
hat sie fortgesetzt. — Nassau, Städtcheu an der Lahn, 2 gute St. oberhalb des
Bades Ems, ist merkwürdig wegen der 2 Burgtrümmer; die eine oben auf dem Berge
ist Burg Nassau, wonach die depossedirte Herzogsfamilie sich nennt, deren Stammschloß
Lauren bürg weiter aufwärts an der Lahn, und die andere auf tiefer liegendem Vor-
spruuge die Burg der Freiherrn vou Stein, deren 7 Jahrhunderte altes Geschlecht im
I. 1831 mit dem Tode des bekannten großen Ministers von Stein erlosch. Die
körperliche Hülle dieses echt deutschen Mannes ist nicht im Städtchen Nassan beigesetzt,
sondern in der Familiengruft zu Frücht unterhalb Ems. Die Grabschrift bezeichnet ihn
als „demüthig vor Gott, hochherzig gegen Menschen, der Lüge und des Unrechts Feind,