Full text: Das dritte Schuljahr

102 
2. Es ist ein Mittel, Frische und Regsamkeit in die 
Klasse zu bringe n. Bei starker Schiilerzahl und unter gewissen 
Witterungseinflüssen kommt in dieselbe beim Lesen nicht selten ein Zu¬ 
stand der Schlaffheit und Hängigkeit, welcher der ärgste Feind des 
Lernens ist. In solchen Fällen ist es immer von großer Wirkung, 
wenn ein erfrischender Wechsel zwischen Einzellesen und Chorlesen ver¬ 
anlaßt wird. 
3. Es ist ein Mittel, die Schüchternheit der Schüler beim 
Einzellesen zu überwinden. Die Aufgabe, welche dem einzelnen 
Kinde zumutet, beim Lesen seine Stimme kraftvoll vor der Klasse ver¬ 
nehmen zu lassen, ist nicht klein. Nicht wenige Schüler setzen allen 
Einwirkungen des Lehrers nach dieser Seite hin den Widerstand schwäch- 
licher Schüchternheit entgegen. Was in solchen Fällen oft kein anderes 
Mittel bewirkt, das wird erreicht, indem der Schüler zunächst in Ge¬ 
meinsamkeit mit anderen das thun lernt, was von ihm später als 
Einzelleistung gefordert wird. 
4. Es ist ein Mittel, die beim Einzel lesen gewonnenen 
Erfolge für das schöne Lesen zu erhöhen. Die Genieinsamkeit 
bei einer Arbeit ist für den Einzelnen ein bewährtes Mittel, ihn zu 
williger Fügung in die Gesetze und Ordnungen der Arbeit zu ver¬ 
anlassen. Beim Leseunterricht ist dies von besonderer Wichtigkeit. Um 
den Einzelnen aus dem Schlendrian herauszubringen, wird es oft nötig, 
die Aussprache der Laute und die Betonung der einzelnen Satzglieder 
sehr stark hervortreten zu lassen. Dadurch gewöhnen sich die Kinder¬ 
leicht an ein übermäßiges Schreien. Wahre Schönheit des Lesens aber 
verlangt Maßhalten auch in diesen Dingen. Und die Rückkehr zu dem 
richtigen Maße im Leseausdrnck wird dem einzelnen Schüler erleichtert, 
wenn er seinen Leseton so an dem Leseton anderer Schüler messen und 
regulieren kann, wie dies beim Chorlesen der Fall ist. 
Hierbei muß noch bemerkt werden, daß das Chorlesen diesen Wert 
nur bei einer bedachtsamen Anwendung hat. Giebt sich bei 
demselben ein roher Ton und ein ungeordnetes Wesen zu erkennen, so 
steht es gewiß mit der Schnlzucht nicht gut. Werden durch das Chor- 
lesen die oben erwähnten Resultate erstrebt, so muß ihm eine sorg¬ 
fältige Anwendung des Einzellesens vorangehen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.