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Joseph hatte sie ihnen mitgegeben. Auf ihren Gesichtern sah man die
Freude glänzen; denn sie überbrachten ja ihrem Vater eine frohe Nach¬
richt. Sonst hatten sie ihm immer nur Kummer und Herzeleid bereitet,
jetzt macht es ihnen Freude, das alte gebrochene Vaterherz mit einer
frohen Botschaft zu erquicken. Joseph, dein Sohn ist nicht tot, er lebt
noch und ist ein großer Mann in Ägyptenland. Jakob konnte es an¬
fangs gar nicht fassen; als er aber die vielen Wagen, Esel und Ge¬
schenke sah, sprach er: „Ich will nach Ägypten und meinen Sohn sehen,
ehe ich sterbe."
Und Jakob zog mit seinen Söhnen und allem, was er hatte, nach
Ägypten. Auf Befehl des Königs Pharao gab ihm Joseph das schönste
Stück Land in Ägypten, und zwar das Land Gosen. Es lag an der
Grenze, war wasserreich und fruchtbar und hatte viele gute Weideplätze.
Die Hirten waren den Ägyptern ein Greuel und darum verhaßt; sie
bildeten die unterste Klasse der Bewohner des Landes. Das Land
Gosen war nun für das eingewanderte Hirtenvolk sehr geeignet, indem
es hier abgeschlossen von den Ägyptern wohnen und eine Vermischung
mit ihnen nicht stattfinden konnte. Solange Joseph und der König
Pharao lebten, wurden die Israeliten in der Ausübung ihres Berufes
nicht gehindert; sie wohnten viele Jahre in Ruhe und Frieden in dem
Lande Gosen.
2. Darbietung.
Die Erzählung.
Als das Gerücht zu Pharao kam. daß Josephs Brüder gekommen wären,
gefiel es Pharao wohl. Joseph gab seinen Brüdern Wagen und Fehrung auf
dem Wege und einem jeglichen ein Feierkleid; Benjamin aber gab er fünf Feier¬
kleider. Und seinem Vater sandte er Esel mit Gut aus Ägypten beladen. Also
ließ er seine Brüder ziehen und sprach zu ihnen: „Zanket nicht auf dem Wege."
Also kamen sie hinauf zu ihreni Vater Jakob und sprachen zu ihm: „Joseph
lebt noch und ist ein Herr in Ägyptenland." Und als er die Wagen sah, die
Joseph gesandt batte, sprach er: „Ich habe genug, daß mein Sohn Joseph noch
lebet; ich will hin und ihn sehen, ehe ich sterbe."
Und Jakob zog hin mit allem, was er hatte. Da spannte Joseph seinen
Wagen an und fuhr ihm entgegen bis nach Gosen. Und als Jakob seinen Sohn
Joseph sah, fiel er ihm nm den Hals und weinte lange. Er sprach: „Nun will
ich gern sterben, nachdem ich dein Angesicht gesehen habe."
Der König Pharao sprach zu Joseph: „Es ist dein Vater und sind deine
Brüder, laß sie am besten Orte im Lande Gosen wohnen." Und Joseph ver¬
schaffte seinem Vater und seinen Brüdern Wohnung und versorgte sie und das
ganze Haus seines Vaters. Also wohnte Jakob in Ägypten, im Lande Gosen,