Full text: Alte Geschichte (T. 1)

§ 45. 73 
flingt jwar lächerlich) ber ©tabt auf bem 9?aden jtfct im Aufträge bcS ©otteS, 
wie einem *ßferbe, roetd^eS jwar groß unb ebel, aber infolge feiner ©röße etwas 
träge ift unb burd) irgenb eine Vremfe gewecfter gemalt in erben muß: wie ja 
eben mir fcheint, baß ber ©ott mich ber ©tabt auf ben Diaden gefegt fyat in 
biefer meiner Vefchaffenheit, Dermöge beren ich unaufhörlich enc^ wede unb jeben 
(Singelnen Überrebe unb ihm feine ©djanbe oorbtatte, ben ganjen Sag hinbirrch 
überall mid? e^eub. — ^ _ 
2öaS ich meiner Vertheibtgnng üorjubringen t>abe, ift ungefähr baS ®e= 
fagte unb öielteic^t noch AnbereS bergleichen. Vielleicht aber möchte SKandher 
bon euch entriiftet merbett bei Jfücternmerung an fein eigenes £hun, trenn einer= 
feitS er bei Surd)fedimng eines auch Heineren ^ßroceffeS, als biefer mein l'rocef? 
ift, ftd) auf ba§ Sitten itnb glehen bei ben Richtern »erlegte, mit Dielen Spänen 
unb mit Vorführung feiner eigenen Äinber, um nur fo fe£)r als möglich^©egen= 
ftanb beS 9JfttleibeS ju werben, ober auch öieler anberer Angehöriger unb greunbe, 
anbererfeitS £>tngegert ich hiemit Don all biefem 9hd) ts thue, unb jwar, wo eS 
ftch, wie mir trotjL fcheint, um bie äußerfte ©efahr b?a:rbelt. — 2lber, ihr ÜJiänner, 
es fcheint mir auch nid^t einmal gerecht gu fein, baß man ben jftid)ter bitte unb 
burd) Sitten ber Verurteilung entgehe, fonbern nur, baß man ihm 2luffd)luß 
gebe unb ihn überzeuge. ®enn nicht baju fifet ber IRicfjter ba, baß er baS 9ied)t 
jum ©egenftanbe einer ©efälligfeit mache, fonbern baß er eS feiner Veurtheilung 
unterm er fe, unb er hat nicht gefcfjmoren, jebem ihm beliebigen gu ©efaüen fein 
ju wollen, fonbern nach ben ©efe^en lichten ju wollen. TOdjt alfo foil eS ge= 
fchehen, weber baß mir euch an Sfteineib gewöhnen, noch baß ihr eud) an ihn 
gemöhnen laffet; beim fonft mürben mir alle 83eibe freoelf)aft haitbeltt. iDiutl)et 
eS mir alfo nicht ju, ihv athenifchen ÜJiänner, baß ich ©erartigeS euch gegenüber 
thue, maS ich meber für fdjön noch für gerecht nod} für freöelloS halte. — _^ch 
ftelle eS euch un^ ^em ©°tte anheim, ein Urtheil über mich ju fällen, mie eS 
fomohl für mich als auch für euch am beften geraden mag. 
Er Tvurde fe huldig gefprochen und liatte nun dem Straf¬ 
antrage der Ankläger einen eigenen gegenüber zu ftellen. 
Saß ich nicht grolle, ihr athenifchen SUiänner, über baS, maS jefct ge* 
flehen ift, nämlich baß ihr mich berurtJjeiltet, baju trägt mir fomohl noch bieleS 
Slnbere bei, als and) fam mir nicht unerwartet, waS hiemit !am, fonbern weit 
eher muß ich tnid) munbern über baS 3tenüerbjättiriS, welches bei ben beiber* 
feitigen ©timmen ftd) ergab, £$ch glaubte nämlich nicht, baß eS fo fnapp jur 
ftot'h, fonbern baß eS weitaus fo gehen werbe; nun aber wäre ich, ^te eS fcheint, 
wenn nur 30 ©timmen anberS gefallen wären, freigefprochen gewefen. — 
2I1S ©trafmaß aber nun bezeichnet mir ber 2J£ann ben £ob. ©ut. 2Xber 
weites ©trafmaß benn nun foil id) in meiner ©egenfchätntng ihm gegenüber* 
ftellen, ihr athenifchen Sftäuner? Dber flärlich bod? mohl baS einer Oerbienten 
©träfe? 2öaS alio Derbiene ich bafür ju erleiben ober p erlegen, baß ich ^etJ 
©infall hatte, in meinem ganzen Sehen mir feine Siuhe ju gönnen, fonbern baß 
ich mit Vernachläfftgung all jener gntereffen beS großen §aufenS, nämlich beS 
©elberwerbeS unb beS .‘pauSwefenS unb ber gelbherrnwürben unb ber öffentlichen 
VolfSreben unb alter übrigen Söiirben unb 2Iemter unb ber Verfdjwöruncjett unb 
ber in ber ©tabt Dorfom'rnenben Parteiungen, in ber üföeinung, ich f« in ber 
Shat ju gut baju, um in ber 9iid)tung auf ©olcheS mein §eil jn finben, meine 
Stiftung eben nicht bahin einfehlug, wo id) roeber euch noch mir felbft irgenb 
jutn %it3en fein mürbe, hingegen barauf hin mich richtete, einem ^yeben im 
©mjelnleben bie größte SSohlthat, wie ich & nenne, ju erweifen, inbem ich jeben 
©injelnen unter euch ju iiberreben fud)te, baß er weber eher um feine eigenen 
Verhältniffe ftd) befümmere, beöor er ftch nicht um fein eigenes ©elbft befümmert, 
um biefeS fo trefflich unb berftänbig als möglich gu machen, noch and) eher nm 
bie Verhältniffe beS ©taateS fidj befümmere, beöor nicht um ba§ SBefen beS 
©taateS felbft, unb baß er bann auch um alleS Uebrige ebenfo in ber gleichen
	        
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