Full text: Das vierte Schuljahr

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der König den Prinzen heimlich nach Berlin kommen und führte ihn der Mutter 
mit den Worten zu: „Da hast Du Deinen Fritz wieder!" 
ä) Friedrich in Rheinsberg. Friedrich wurde nun wieder als ordentlicher 
Offizier in das Heer aufgenommen. Sein Vater kaufte ihm das Lustschloß Rheins- 
b e r g und machte ihn zum Obersten eines Regiments, das in Ruppin stand. Hier 
lebte Friedrich in stiller Zurückgezogenheit. Mit Eifer betrieb er jetzt die soldatischen 
Übungen, und sein Regiment lvar stets in musterhafter Ordnung. Wo es nur 
ging, suchte er seinem Vater Freude zu bereiten. Bald erkannte Friedrich Wilhelnr 
die Fähigkeiten seines Sohnes. Bei seinem Tode rief er aus: „O mein Gott, ich 
sterbe zufrieden, da ich eineir so würdigen Sohn zum Nachfolger habe!" 
2. Friedrich als König. Im Jahre 1740 kam Friedrich zur Regierung. 
Er zeigte sogleich, daß er ein Herz für das Volk hatte. Durch einen voraus¬ 
gegangenen strengen Winter war eine große Teuerung entstanden. Um der Not 
des Volkes abzuhelfen, ließ er seine Kornhäuser öffnen und Getreide für einen 
sehr billigen Preis an die Armen verkaufen. — Die Riesengarde schaffte er ab, 
da sie ihm zu teuer war. Dafür vergrößerte er aber sein Heer. Die frühere 
harte Behandlung der Soldaten, die zu seines Vaters Zeit üblich war, hörte auf. 
Der König schärfte den Offizieren ein, ihre Untergebenen menschlich zu behandeln. 
Die Soldaten liebten ihn sehr und nannten ihn nur den „alten Fritz". — Auch 
das Volk hatte ihn sehr lieb, weil er stets freundlich war und für das Wohlergehen 
seiner Unterthanen sorgte. Schon sehr frühe stand der König ans und war den 
ganzen Tag über thätig. Er hatte einmal sogar vor, sich das Schlafen abzu¬ 
gewöhnen. Doch dies ging nicht. Der König sah und entschied alles selbst. Seine 
Beamten hatten nur seine Befehle auszuführen. Wenn er auf Reisen war, mußten 
die Landräte und Amtleute neben seinem Wagen herreiten und ihn: von ihren 
Kreisen und Ortschaften erzählen, damit auch die Zeit, die er auf der Landstraße 
verbrachte, nicht unbenutzt bliebe. Keine»! seiner Unterthanen, der ein Anliegen 
hatte, verweigerte er das Gehör. Er sagte: „Die armen Leute wissen, daß ich 
Landesvater bin; ich muß sie hören, dazu bin ich da." — Seine Güte und 
Freundlichkeit waren iin ganzen Lande bekannt. Meilenweit kamen die Leute 
öfter herbei, um den König zu sehen. Als auf einer seiner vielen Reisen in eine»! 
Dorfe die Pferde gewechselt wurden, drängte sich ein altes Mütterchen an den 
Wagen des Königs. Der König fragte sie freundlich: „Was wollt Ihr, Mütterchen?" 
Die alte Frau antwortete: „Ich will lveiter nichts, als das Angesicht des Königs 
sehen." Da gab ihr der König einige Goldstücke mit seinem Bildnis und sagte: 
„Seht, liebe Frau, aus diesen Dingern könnt Ihr mich ansehen, so oft Ihr wollt: 
jetzt habe ich keine Zeit, mich länger ansehen zu lassen." — Es war für die Berliner 
stets ein festliches Ereignis, wenn der König in die Stadt geritten kanc. Die Bürger 
traten aus den Thüren und grüßten ihn ehrerbietig, und er erlviderte jeden Gruß, 
indem er den Hut abzog. Nicht selten liefen viele Kinder neben ihm her, riefen 
ihm Lebehochs zu, warfen jubelnd die Mützen empor, wischten ihm auch wohl den 
Staub von den Stiefeln und trieben allerlei Kurzweil. Friedrich störte sie in ihrer 
Freude nicht. Nur wenn sie sein Pferd neckten, daß es scheu wurde, dann stieß er 
tvohl einige Drohungen aus und ritt ruhig weiter. Als es die Knaben einmal zu arg 
machten, da hob er drohend den Krückstock empor und rief: „Wollt ihr ruhig sein
	        
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