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gleichfalls aus karrarischem Marmor gefertigt. Es wurde 1348 von der
dankbaren Stadt Stettin errichtet. — Tritt man aus dem Königsthore heraus,
fo gelangt man zu den schönen parkartigen Anlagen, welche der Bemühung
des Oberpräsidenten Sack ihre Entstehung verdanken, und von da zu dem wohl-
gepflegten alten Kirchhose.
Es ist erfreulich, zu sehen, daß Stettin auch in der Pflege geistiger
Güter mit ihren begünstigteren Schwesterstädten wetteifert. Dafür zeugt das
Vorhandensein von 5 höheren Schulen (3 Gymnasien und 2 Realgymnasien),
von denen 2 aus staatlichen, 3 aus städtischen Mitteln unterhalten werden.
Dazu kommt, daß die Stadt eine bedeutende Bildersammlung mit zahlreichen
wertvollen Gemälden und ein eignes Theater besitzt. Jüngst ist auch der Wunsch
der Bürgerschaft, für Wissenschaft und Kunst ein würdiges Heim geschaffen zu
sehen, durch die Gründung des Konzert- und Vereinshauses, eines gewaltigen
Bauwerkes im Renaissancestil, in dankenswerter Weise verwirklicht worden.
Stettin ist die Vaterstadt zahlreicher berühmter Leute. Den ersten Platz
unter ihnen nimmt die russische Kaiserin Katharina IL ein, welche hier am
21. April 1729 als die Tochter des Fürsten Christian August von Anhalt-
Zerbst geboren ward. Ihrer Anhänglichkeit an ihre Vaterstadt hat sie durch
manche Geschenke, wie durch die Zuwendung je eines Stückes aller in Ruß-
land geschlagenen Goldmünzen, Ausdruck gegeben. Auch die zweite Gemahlin
ihres Sohnes Paul, Maria, Prinzessin von Württemberg, hat in Stettin das
Licht der Welt erblickt (1759). Daß nicht nur sie 1304 dem Lyeeum bei
seinem Jubiläum 100 Dukaten zuwandte, sondern auch ihr Sohn Alexanderl.
1000 Rubel hinzufügte, außerdem der Stadt die goldene Krönungsmedaille
und dem Schützenvereine der Kaufmannschaft 1000 Dukaten schenkte, zeigt,
welchen Wert man am Petersburger Hofe auf die Fortdauer solcher freund-
schaftlichen Beziehungen legte. Für diese Beweise fürstlicher Huld zeigten sich
die Stettiner dadurch erkenntlich, daß sie im März 1806, wo das Korps des
Grafen Tolstoy durch die Stadt zog, die Truppen gastlich bewirteten. — In
Stettin ist auch der bekannte Feldmarschall Graf Friedrich von Wrangel geboren
(1784). Dort hat er auch nach seinem Wunsche 1877 seine Ruhestätte gesunden.
Von hervorragenden Männern auf dem Gebiete der Kunst und Wissenschaft
stammen aus Stettin: Friedr. Scherenberg (geb. 1793), der Verfasser dichterischer
Schlachtgemälde, der Dichter und Kunsthistoriker Franz Kugler (geb. 1808),
der Dichter und Schriftsteller Robert Prntz (geb. 1316), der Maler Theodor
Hildebrandt (geb. 1804). — Andre bedeutende Leute haben hier ein Feld für
ihre Wirksamkeit gefunden. Dahin gehören unter andern der Musikdirektor
Karl Löwe, der berühmte Tondichter, welcher von 1822—66 Lehrer am
Marienstiftsgymnasium war, dann sein Amtsgenosse, der Professor Ludwig
Giesebrecht, welcher als Geschichtsforscher und Dichter sich einen Namen erwarb,
und endlich I. Beschnitt, der Komponist zahlreicher Lieder, welcher als Kantor
an der katholischen Kirche angestellt war.
Die nächste Umgegend von Stettin bietet viel Schönes. So sind die
Höhen von Podestich und Finkenwalde, am Ostrande des Durchbruchsthales der
Oder gelegen, wegen ihrer Anmut berühmt. Hier wird das Auge einmal durch
den Ausblick auf die große Oderniederung und die Stadt Stettin gefesselt und
dann von dem herrlichsten Buchenwalde, dessen Stämme in schlankem Wüchse