Metadata: Für Obertertia und Untersekunda (Abteilung 3, [Schülerband])

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Raum zwischen sich ließen. Freilich, die Getreidefelder unserer 
Heimat waren, als wir von ihr Abschied nahmen, schon abgeerntet, 
und hier fing das Korn eben erst an, sich gelblich zu färben. Wir 
merkten wohl, langsamer und später reifen hier im Schatten der 
Berge die Früchte der Erde als draußen im sonnigen Flachlande. 
3. Doch nicht die Fahrstraße kann uns die Schönheiten des 
Gebirges zeigen; denn sie ist, da sie auf dem bequemsten Wege über 
die Berge führen soll, da angelegt, wo das Gebirge seine niedrigste 
Paßhöhe hat. Darum verließen wir sie nach mehrstündigem Marsche 
und schlugen nach kurzer Rast einen bei weitem steileren, steinichten 
Fußpfad ein. Bald umfing uns ein dichter, schattiger Laubwald, 
dieselben Bäume, wie wir sie daheim gesehen; aber wie mächtig 
sind diese Stämme, wie hochragend diese Kronen, wie saftgrün und 
frisch das Laub. Wie dicht steht das Unterholz und Gesträuch, das 
jebeit Raum zwischen den hochwipfeligen Bäumen auszufüllen strebt. 
Freilich, es fehlt ja nicht an Wasser, dem wichtigsten Nahrungs- 
stvffe der Pflanzenwelt; jeden Augenblick kreuzen größere oder kleinere 
Rinnsale unsern Weg, verlieren sich dann im Walde und befeuchten 
das Land. Die üppiggrüne Moosdecke, welche die mächtigen Fels¬ 
blöcke überzieht, verrät die Feuchtigkeit der Lust. 
4. Während wir weiter klimmen, verändert sich unser Wald. 
Tannen ititb Fichten mischen sich unter die Laubbäume, auch sie sind 
von mächtigem Wuchs. Bald umgibt uns rings nur Nadelwald, 
die Luft mit harzigem Dufte erfüllend. Es ist, als wären mir 
in eine neue Welt getreten. Das Unterholz fehlt ganz, denn die 
Bauinriesen sind voit unten an mit Ästen und Nadeln bedeckt und 
lassen kein anderes Gewächs als hier und da eine Glockenblume 
oder den rot leuchtenden Fingerhut und das zierliche Weidenröschen 
neben sich aufkommen. Über uns öffnet sich der Blick. Nicht 
mehr bedrückt uns das Dach der Laubkronen. Die nach oben spitz 
zulaufenden Nadelbänme lassen Licht und erfrischenden Lufthanch 
zu uns dringen; sie erlauben uns auch, emporzublicken zu den 
hohen Berghänptern, die ohne Banmwnchs, nur mit Gräsern und 
niederem Gestrüpp bedeckt, auf unsern Pfad herniederschauen. Schon 
längst haben wir die Dörfer und Behausungen der Menschen hinter 
uns gelassen; nur wenigen Leuten sind wir begegnet, die, meist 
schwere Lasten tragend, mit freundlichem Gruß an ttns vorüber- 
gingen. Selten vernehmen wir den Schrei eines Vogels. Nur
	        
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