Full text: Fröhlicher Anschauungsunterricht in Stadt- und Landschulen

Reißen wir die Scheidewand, die das Kind von den wirk¬ 
lichen Dingen absperrt, unerbittlich nieder, und lassen wir die Natur- 
selbst, diesen Urquell aller Erkenntnis, auf den Zögling ungehindert 
einwirken. Der im Anhang gebotene „Jahresplan für die 
Schulfpaziergänge der Unterstufe", der in der Praxis erprobt 
wurde, möchte Anregung hierzu geben. Hinaus ins frische, freie 
Leben! Wer den Anschauungsunterricht nur im Schulzimmer 
lehrt, betrügt sich selbst und seine Kinder; denn Schüler, „die nichts 
gesehen, nichts beobachtet haben, kann man nicht unterrichten." 
Dies Wort H e r b a r t s bleibt wahr für alle Zeiten. Darum 
treten wir der Natur näher als bisher und beobachten wir sie mit 
unsern Lieblingen, dann sind alle Bedingungen gegeben, unter denen 
sich deutliche und dauerhafte Vorstellungen zu entwickeln vermögen; 
dann legen wir für den fernern Unterricht einen tragfesten Unter¬ 
grund; dann werden wir auch auf den höhern Schulstufen nicht 
mehr so viel „über eine unbegreifliche Dummheit der Kinder, die das 
Allergewöhnlichste nicht kennen und wissen", Klage zu führen haben. 
Helle Freude werden wir schon auf der U n t e r st u f e erleben, 
wenn wir gelegentlich der Behandlungsweise auf der Stufe der 
Vorbereitung die Schüler veranlassen, frei und ungezwungen ihre 
Erfahrungen und Erlebnisse über das zu betrachtende Objekt aus- 
znsprechen. Da wird es lebendig unter der kleinen Schar. Selbst 
der sonst schweigsamste Bursche und das sonst zaghafteste Mädchen 
wagen ein Wort. Sie durchleben noch einmal alles das, was sie 
draußen sahen und hörten. In aller Augen blitzt und leuchtet etwas 
wie Schaffensfreude. Da wird es dem Lehrer klar, was 
für eine hohe Bedeutung die Persönlichkeitspflege in 
der Schule hat. Lebhaft, fast hastig sprudelt es heraus. Von Sprach- 
armut ist da nichts zu merken, wohl aber von Sprachreichtum. Eine 
zwanglose Unterhaltung mit einem bestimmten Ziel, das scheint 
mir die Hauptkunst in der Unterklasse zu sein. Die Besprechungen 
müssen auch dann noch den Ton einer gemütvollen Plauderei bei¬ 
behalten, wenn zur zweiten und jeder folgenden Unterrichtsstufe 
fortgeschritten wird, bis die Lektion mit der A n w e n d u n g endet. 
Alsdann wird man von dem Anschauungsunterrichte sagen können: 
Es st eckt ein Segen darin.
	        
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