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gericht durch einen Oberreichsanwalt und Reichsanwälte. Die Staatsanwälte
dürfen richterliche Geschäfte nicht wahrnehmen. Die Beamten des Polizei-
nnd Sicherheitsdienstes sind Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft und sind
in dieser Eigenschaft verpflichtet, den Anordnungen der Staatsanwälte bei
dem Landgerichte ihres Bezirks und der diesen vorgesetzten Beamten Folge
zu leisten.
Rechtsanwaltschaft. Vor den Landgerichten und vor allen Ge¬
richten höherer Instanz müssen die Parteien sich durch einen bei dem
Prozeßgerichte zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten
lassen (Anwaltsprozeß). Ebenso ist die Verteidigung durch einen Rechts¬
anwalt im Strafprozeß notwendig in den Sachen, welche vor dem Reichs¬
gericht in erster Instanz oder vor dem Schwurgericht zu verhandeln sind.
Jeder, der die volle Befähigung zum Richteramt besitzt, kann zur
Rechtsanwaltschaft zugelassen werden. Die Zulassung erfolgt bei einem
bestimmten Gericht, in dessen Bezirk der Anwalt seinen Wohnsitz haben
muß. Der Anwalt hat Freiheit in der Annahme von Mandaten; er soll
Vertretung in Prozessen ablehnen, wenn er von dem Unrecht des Pro¬
zessierenden überzeugt ist. Die Gebühren der Rechtsanwälte sind durch eine
besondere Gebührenordnung festgesetzt.
Die Hilfsbeamten der Gerichte.
a) Gerichtsschreiber. Bei jedem Gerichte ist eine Gerichtsschreiberei
eingerichtet. Die Gerichtsschreiber (Sekretäre) haben Protokolle aufzunehmen
und Ausfertigungen der gerichtlichen Entscheidungen zu erteilen;
b) besondere Zustellungs- und Vollstreckungsbeamte sind in
den Gerichtsvollziehern bestellt.
Besondere Gerichte für bestimmte Verhältnisse sind:
a) die Militärgerichte; b) Konsulargerichte; c) Schiedsgerichte; d) Kauf¬
mannsgerichte. Zugelassen sind als besondere Gerichte: die auf Staats-
vertcägen beruhenden Rheinschiffahrts- und Elbzollgerichte, Gemeinde¬
gerichte, Gewerbegerichte, Gerichte für die landesherrlichen Familien, für
die Standesherren, Kriegsgerichte, endlich Jugendgerichte; diese mit
der Aufgabe, bei Zuwiderhandlungen Jugendlicher gegen die gesetzliche
Ordnung nicht die Strenge des Strafgesetzes, sondern vormundschaftlich
erziehende Fürsorge eintreten zu lassen.
Öffentlichkeit des Gerichtsverfahrens. Die Gerichts¬
verhandlung, einschließlich der Urteils- und Beschlußverkündung ist in der
Regel eine öffentliche. Doch kann durch das Gericht für die eigentliche
Verhandlung oder einen Teil dieser die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden,
wenn sie eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung, insbesondere der
Staatssicherheit, oder eine Gefährdung der Sittlichkeit befürchten läßt.
Die Gerichtssprache ist die deutsche. Wird unter Beteiligung von
Personen verhandelt, welche der deutschen Sprache nicht mächtig sind, so
ist ein Dolmetscher zuzuziehen.