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Einschränkung des Handels mit Giften wird sanitätswidrigen Handlungen
gewissenloser Geschäftsleute begegnet.
§ 41. Das Ärztewesen.
Durch Reichsgesetz ist ferner die Heranbildung eines wichtigen Berufs¬
standes, des Ärztestandes, geregelt worden. Zwar ist die Ausübung der
Heilkunde im allgemeinen jedermann in Deutschland freigegeben, aber als
Arzt darf sich nur bezeichnen und rechtsgültig darf ärztliche Handlungen
nur vornehmen, wer die vorgeschriebenen Prüfungen bestanden und die
staatliche Approbation (Genehmigung) erhalten hat; er heißt dann appro¬
bierter Arzt, wenn praktisch tätig, praktischer Arzt. Frauen sind seit 1900
zum ärztlichen Beruf zugelassen. Die Ärzte haben völlige Niederlassungs¬
freiheit; diese Freiheit hat den Übelstand im Gefolge, daß nach bevorzugten
Orten sich eine große Anzahl von Ärzten zusammendrängt, die dann durch¬
aus nicht immer eine auskömmliche Einnahme haben; so hatten z. B. in
Berlin 80 °/o aller Ärzte 1894 nur ein Einkommen unter 3000 Mk.
Die Gebühren für ärztliche Handlungen sind in den verschiedenen
Bundesstaaten durch besondere Taxen geordnet, welche dem Arzt einen ge¬
wissen Spielraum in der einzelnen Festsetzung des Honorars, je nach der
Vermögenslage des behandelten Patienten, gewähren.
Die früheren Bestimmungen, welche den Ärzten unter Androhung von
Strafe einen Zwang zu ärztlicher Hilfe auferlegten, sind durch § 144 der
Gewerbeordnung für das Deutsche Reich aufgehoben. Es besteht für den
Arzt nur, wie für jeden anderen Menschen in Deutschland, die Bestimmung
des § 360, 10 des Reichs - Strafgesetzbuches, daß mit Geldstrafe bis zu
150 Mk. oder mit Haft bestraft wird, wer bei Unglücksfällen oder gemeiner
Gefahr oder Rot, von der Polizeibehörde oder deren Stellvertreter zur
Hilfe aufgefordert, keine Folge leistet, obgleich er der Aufforderung ohne
erhebliche eigene Gefahr genügen konnte.
§ 42. Das Apothekenwesen.
Zu den Maßnahmen des Reiches auf dem Gebiete des Gesundheits¬
wesens gehört auch die Gesetzgebung und Aufsicht über die Herstellung und
den Einzelverkauf von Arzneimitteln in den Apotheken. Apotheker kann
nur werden, wer nach Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen staatlich
approbiert worden ist. Ohne weiteres können auch Frauen den Apotheker-
beruf ergreifen (seit 1899). Für die Zulassung zur Apothekerlaufbahn wird
die Reife für Prima einer höheren Lehrvollanstalt verlangt; in diesem Falle
dauert die praktische Ausbildungszeit, mit der die Vorbereitung auf den
Beruf beginnt, drei, sonst bei Absolvierung des Abiturientenexamens nur
zwei Jahre. Rach einer Vorprüfung folgt eine einjährige Gehckfenzeit,