Full text: Bürgerkunde in Lehrproben für den Schulunterricht

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Lrwerbsverhältniste, der Gedanke, daß der Ltaat eine rechtliche Fürsorge 
für die Arbeiter bei Krankheiten und Unfällen, in Alter nnd Arbeits¬ 
unfähigkeit zu übernehmen habe, daß diese Fürsorge den Charakter 
einer Rechtsoerpflichtung, nicht einer Armenunterstützung trage, daß zu 
den Kosten Arbeiter, Arbeitgeber und Gesellschaft beizutragen habe, und 
in welch verschiedenen Formen u. ä., das sind gestaltende Kräfte, die 
sind wichtig. 
Die Wochenbeiträge nach der chöhe des Lohnes abzustufen, ist 
ein fruchtbringender Gedanke, die Zahl der Pfennige eine nebensächliche 
Linzelangabe. Lolche Einzelheiten kann , man dem Lchüler sagen, zu 
behalten braucht er sie nicht; sie einzuprägen ist Lache des praktischen 
Lebens. 
Auch der Lehrer braucht sich nicht zu schämen, wenn er sie nicht 
alle weiß und auf viele Fragen keine Antwort geben kann. Er mag 
dem Lchüler nur sagen, daß da gar manche schwierige Fragen auf¬ 
tauchen, die nur der geübte Fachmann beantworten kann, daß die 
politischen Parteien hierfür eigene Auskunftsstellen errichtet haben, die 
Arbeitersekretariate. Ulan klagt so oft über unsere politischen Parteien, 
daß sie aber einen starken Ltrom staatsbürgerlichen Wissens ins Volk 
leiten, das sollte man doch nicht übersehen. 
Lollten die Bildungsstätten für die höheren Ltände nicht da etwas 
ablernen können, sollen sie ihre Lchüler nicht auf dieses große Bildungs¬ 
gebiet hinweisen? wollen wir uns von den Arbeitern überflügeln lasten 
im staatsbürgerlichen wissen? 
wir wollen also der Bürgerkunde ein Plätzchen gönnen auch im 
Unterricht unserer höheren Lchulen. wo aber unterbringen? Lin 
eigenes Fach? Dafür wird vorerst kaum Aussicht sein, und schließlich 
haben wir auch der Fachzersplitterung und Fachlehrer genug. 
Luchen wir also für die Bürgerkunde Anschluß an ein schon be¬ 
stehendes Fach, so bietet sich am ungezwungensten der Geschichts¬ 
unterricht dar. Die Rechte des Fürsten und der Volksvertretung, Zivil¬ 
und Ltrafrecht, Lteuern und Zölle, auf alle diese Lachen stößt man im 
Geschichtsunterricht. Man muß sie eben nur dabei behandeln, und in 
neuerer Zeit geschieht das auch viel intensiver als früher, was an 
der eingehenden Behandlung hindert, ist die Furcht, das eigentliche 
Geschichtspensum komme zu kurz, und ohne eine weitere Kürzung der 
Kriegsgeschichte wirds wohl auch kaum gehen. Aber was schadet es 
schließlich, wenn wir meinetwegen beim spanischen Lrbfolgekrieg die 
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