Die Ausgabe. 7
hat. Die „Menschheit" ist ja selbstgewählt, wie der Lerr, sogar
selbstgemacht, eine Bildung von eigenen Gnaden, nicht gesetzt und
gegeben durch wirkliche Gesellschaftsgruppen, mit denen man zu¬
sammen leben muß. Der Individualist hat sie sich in reiner Freiheit
selber zum Lerrn erhöht, wie es seiner schweifenden Einbildungskraft
Bedürfnis war, und ihr dient er jetzt mit der ganzen Liebe eines
selbstlosen Lerzens.
Aus der Unklarheit dieses Verhältnisses muß eine richtig ge¬
leitete Volkserziehung den Einzelnen herausführen, vor dieser Un¬
klarheit die Nachwachsenden bewahren. Das scheint in unserer Zeit,
in der weite Volkskreise sich so gerne „international" nennen, doppelt
notwendig. Wenn es der Bewegung für staatsbürgerliche Erziehung
gelingt, dem Einzelnen das Verhältnis zum Staat wieder zu einer
ganz persönlichen Angelegenheit zu machen, ihm seinen Staat zu zeigen
als eine Einrichtung von höchstem Werte, als eine Errungenschaft kost¬
barster Art, als einen Lerrn, dem in selbstgewählter Unterwerfung
und Eingebung zu dienen es sich lohnt, so verdient die Bewegung
ihren Namen, und sie kann sich vor der Lereinziehung des politischen
Laders in die Schule ebenso bewahren, wie sie ihre Selbständigkeit und
Besonderheit neben der allgemein-sittlichen Erziehung behaupten wird.
Dieser Punkt erscheint gerade der Pädagogen wegen wichtig,
die von der Bewegung für staatsbürgerliche Erziehung ein Lerab-
steigen der Schule zur Politik befürchten, die für das große Ziel der
Menschenbildung, der Bildung zur Menschlichkeit Gefahr
sehen, denen staatsbürgerliche Erziehung als äußere Zurichtung der
jungen Menschen für veränderliche Tageszwecke erscheint, die dem
staatsbürgerlichen Gedanken den Linweis auf unsere Großen im Reiche
des Geistes, Schiller, Goethe, Kant entgegensetzen, den Linweis auf
den Ewigkeitswert ihrer national nicht beschränkten Gedanken, ihrer
Menschheitsziele.
Es versteht sich für jeden verständigen Erzieher von selbst, daß
wir nicht „amerikanisiert" werden wollen, daß an den Grundlagen
unseres Erziehungssystems, durch das wir auf die Entwickelung edler
Menschlichkeit hinsteuern, nicht gerüttelt werden soll und darf.
Aber so hoch darf auch das idealste Streben, die feinste Welt
des Geistigen nicht über den Staatsgedanken gestellt werden, wie es
noch so oft geschieht, teilweise noch beeinsiußt von einer Staats-
Auffassung, die auch noch aus dem Jahrhundert Schillers stammt.
Andere Kulturvölker haben vom Staate recht hoch gedacht, und es
hat ihren Menschheitszielen nicht geschadet.