Full text: Wege zum Staatsgedanken

Der Stoff. 
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vorgeschichtlichen Menschen beginnend. Dann kamen möglichst allgemein 
gehaltene Ausführungen über Segen, Arten der Arbeit, über Arbeits¬ 
teilung, Lohn, über die Formen des heutigen Geldverkehrs. Die 
„Grundbegriffe der Volkswirtschaftslehre" durften natürlich nicht fehlen; 
ebensowenig die „Arten der Staaten" und noch vieles andere. Das 
Bestreben war ja an sich löblich, ging darauf aus, einen möglichst 
vollständigen Abriß alles Wissenswerten zu bringen. Es führte aber 
notwendigerweise zu einer unnötigen und schädlichen Erweiterung des 
Nahmens. Viele der Darlegungen haben mit dem heutigen Staate, 
seinen Bedürfnissen nicht das mindeste zu tun, sie führen vom Staate 
weg, statt zu ihm hin, sie ersticken von vornherein jedes Gefühl unter 
einer Anmenge von Stoff. Daß man soviel Gelehrsamkeit verarbeiten 
muß, um ein inneres Verhältnis zum heutigen Staate zu gewinnen, 
und um daraus zu staatlicher Pflichterfüllung angeeifert zu werden, 
wird niemand im Ernste behaupten wollen. Jedenfalls kann nur ein 
Erwachsener auf dem Wege durch das Gestrüpp der Begriffe zum 
Staate gelangen. 
Wir stellen ja auch auf andern Anterrichtsgebieten nicht eine 
lose Sammlung von Grundbegriffen zusammen, erläutern sie und 
erwarten nun erziehliche Wirkung von dieser „Behandlung",, sondern 
wir lassen höchstens Begriffe aus einem lebendigen, des Kindes 
Interesse rein durch sich selbst fesselnden Stoff herauswachsen. So 
dürfen auch Belehrungen über Staat und staatliches Leben nicht 
einen fertigen Mechanismus, nicht trocken Lehrhaftes und Feststehendes 
vor das Kind bringen. Es soll im Gegenteil die Gedanken mit¬ 
denken, all die Nöte mit durchleben, all den Zukunfts¬ 
willen in sich selber nachfühlen, kurz alle Kräfte, 
Strebungen und Gefühle anschauend nachherleben, die 
einst zur Entstehung der verschiedenen staatlichen Ein¬ 
richtungen geführt haben. Es soll, abgekürzt und anschauend, 
alle die Erfahrungen machen, die unser Volk mit manchen Schmerzen 
und Verlusten bezahlen mußte, um zu seinem Staate von heutzutage 
zu kommen. Statt eines blutlosen Abrisses der Geschichte der all¬ 
gemeinen Staatsentwickelung also eine durch nachschaffendes Ein¬ 
fühlen von wärmster Empfindung durchpulste Geschichte des Werdens 
und Wachsens des Staates, in dem wir leben, dessen Glieder wir 
sind. Statt eines bunten Straußes von allerlei Blüten, auf allen 
Sträuchern der Wissenschaften gepflückt, nur wenige schlanke Stengel 
derselben Art, aber von lebendigstem Bande zusammengehalten. 
Welche Kräfte standen der Schaffung unseres Staates entgegen?
	        
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