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Dem Bayern behagte diese Anrede, und da ihm der Mund
auf der rechten Stelle saß und nicht angefroren war, so erwiderte
er: „Na, sollend mer nit lustig sein. Königliche Hoheit? Dös
allein freut mi, daß mer jetzt so keckli raufen können, und hat
uns keiner mer drein z'reden."
Der Kronprinz lachte und sagte: „Ja, ja, ihr habt aber
auch nach Noten gerauft, ihr braven Bayern." Nun wurde der
Bayer erst recht redselig und fuhr fort: „Haben's vielleicht
gemeint, wir hätten keine Kurasche nit? Hätten's uns geführt
dazumal 1866, Hoheit, hütten's schauen sollen, wie wir die
Malefizpreußen sakrisch verhauen hätten."
Der Kronprinz und seine Begleiter brachen in ein schallendes
Gelächter aus über diese freimütige Rede des Tapferen. Dann
griff der Kronprinz in die Tasche, langte ein Geldstück hervor
und gab es dem Bayern mit den Worten: „Du bist ein braver
Junge, nimm dies und trinke eins auf meine Gesundheit."
Der „brave Junge" wird sich den Befehl Seiner König¬
lichen Hoheit gewiß scharf hinters Ohr geschrieben haben. Zu
seiner Umgebung aber sagte der Kronprinz, daß ihm noch nie
ein Kompliment so großes Vergnügen gemacht habe, als dies
offene -Wort des bayerischen Soldaten.
Kaiser Friedrich in Breslau.
Es war noch vor seiner Vermählung, als der damalige
Prinz eine Zeitlang im Königlichen Schlosse zu Breslau wohnte.
In einer nahe gelegenen Konditorei pflegte der Prinz seinen
Kaffee zu trinken und zuweilen eine Partie Schach zu spielen.
Ebenso verkehrte er in der Brauerei „Weberbrauer", wo er
gern einen Stammtisch gegründet hätte, wenn ihm nur von dem
gemütlichen Publikum die nötige Ruhe dazu gegönnt wäre. Als
es ihm im großen Saale, links hinter der Eingangsthür, nicht
mehr behaglich war, trank er seine zwei Seidel, wo er eben
Platz fand, bei Handwerkern und Studenten, bei Bürgern und
Bauern. Mehr als einmal sind biedere Leute aus der Provinz
in Verblüffung geraten, wenn ihr lustiger Herr Nachbar, der
schlanke und schmucke Offizier, vom Kellner oder sonst jemand
„Königliche Hoheit" angeredet wurde. Es ist Thatsache, daß
eine keineswegs zartnervige Bäuerin, die mit ihrem Manne zum