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Freilich weiß man sie. Sie waren theils Gelehrte, theils Ritter, theils
Bürger. Einer war Schmied, einer Seiler, einer Glasbrenner. Von dresen ist
nicht viel zu erzählen, aber desto mehr vom Ritter Wolfram von Eschenbach,
von Nicolaus Klingsor, der freien Künste Magister, von Walther von der
Vogelweide, von Heinrich von Ofterdingen aus Eisenach und von Heinrich
Frauenlob aus Meißen, der heiligen Schrift Doktor zu Mainz. Dieser erhob
in unsterblichen Gesängen der Frauen Schönheit und Sittigkeit und zum
Dank trugen ihn die Frauen in Mainz zu Grabe, denn nicht dem Lebenden
allein, sondern auch dem Todten sollte ihre Tugend offenbar werden. Im Dom
ist sein Leichenstein, den die Frauen mit Thränen und mit Wein benetzten.
Die Singekunft, deren ihr euch jetzt befleißigt, leitet ihr also von den
zwölf Männern her?
Ja wohl. Sie unterrichteten Jünglinge und die Schüler wurden wieder
Meister und so bis auf unsere Zeit. Wer die Kunst erlernen will, der geht zu
einem Meister, der wenigstens einmal in der Singschule den Preis gewonnen
hat und dieser unterweist ihn unentgeltlich. Er lehrt, was es heißt, zur Ehre
der Religion singen und weiht ihn ein in die Geheimnisse der Tabulatur; so
nennen wir die Gesetze der Dichtkunst. Hat der Lehrling diese begriffen, so
bittet er die Gesellschaft um seine Aufnahme, da er von löblichen Sitten sei
und guten Willen zeige. Der Aufgenommene muß alsdann den Singestuhl
in der Kirche besteigen und eine Probe seiner Kunst ablegen. Gelingt sie ihm,
so wird sein Wunsch gewährt. Feierlichst gelobt er, der Kunst stets treu zu
sein, die Ehre der Gesellschaft wahrzunehmen, sich stets friedlich zu betragen
und kein Meisterlied durch Absingen auf der Gasse zu entweihen. Dann zahlt
er das Einschreibegeld und gibt zwei Maaß Wein zum Besten. Bei den ge¬
wöhnlichen Versammlungen der Meiftersänger und wenn sie sich in der
Schenke zusammen finden, sind weltliche Lieder wohl erlaubt, nie aber in den
Festschulen. Die Festschulen finden drei Mal im Jahre statt: zu Ostern,
Pfingsten und Weihnachten in der Katharinenkirche. Hier werden nur Gedichte
vorgetragen, deren Inhalt aus der Bibel oder den heiligen Sagen geschöpft
ist. Wer am fehlerfreisten singt, wird hier mit einer goldenen Kette geschmückt,
und mit einem Kranze, wer nach ihm am Besten besteht. Wem dagegen grobe
Fehler nachgewiesen werden, der muß es durch Strafgeld büßen. So fließt
das Leben der Meiftersänger unter erbaulichen Gesängen hin und wenn einer
aus dem frohen Kreise abgerufen wird, so versammlen sich seine Genoffen um
sein Grab und singen ihm das letzte Lied.
Da jetzt die Rathsuhr schlug, so brach Bischer auf. Ich hatte gemeint, er
würde mich zur Katharinenkirche führen. Allein Bischer versprach mir, in
einer Stunde zurückzukehren, da er erst andere Tracht anlegen müßte. Er
hielt Wort und erschien jetzt ganz in schwarze Seide gehüllt mit einem ge¬
schmackvollen Barett. Um das Fehlgehen hatte es keine Noch, da man nur dem
Zuge der Menschen zu folgen brauchte, die alle nach der Festschule strömten.
Am Eingänge des kleinen Kirchleins hielt der Kirchner zu einem Trinkgelde
die Mütze auf. Dieß geschah darum, daß nicht alles Gesindel sich hinzu drängte
und ehrliche Leute um die Erbauung brachte.
Die Kirche war im Innern schön aufqeputzt und vom Chor, den der
Kaiser einnehmen sollte, hing eine kostbare Purpurdecke herab.
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