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Preußen. Sofort traten Preußen und die sich ihm anschließenden Staaten
(Mecklenburg, Oldenburg, Braunschweig, Koburg-Gotha, Weimar, Bremen re.)
vom deutschen Bunde zurück, der damit sein Ende erreichte. Noch einmal bot
Preußen seinen Nachbarn, Sachsen, Hannover, Kurhessen und Nassau, den Frieden
an, jedoch vergeblich. Drei Tage später waren ihre Länder von Preußen besetzt.
2. In Böhmen. Das östreichische Heer stand in Böhmen unter Benedek.
Mit drei großen Armeen rückten ihm die Preußen entgegen; die 1. befehligte
Prinz Friedrich Karl, die 2. der Kronprinz, die 3. oder Elbarmee General Her¬
warth von Bittenfeld. Kühn wurde die Grenze überschritten und der Feind bei
Nachod, Trautenau, Skalitz, Münchengrätz und Gitschin zurückgeworfen.
3. Königgriitz. 3. Juli 1866. Auf einer Anhöhe zwischen Königgrätz
und Sadowa stand Benedek mit der Hauptarmee. Der König hatte sein Haupt¬
quartier in Gitschin; am 2. Juli, abends 11 Uhr, erhielt er vom Prinzen
Friedrich Karl die Nachricht, daß dieser den Feind ganz nahe vor sich habe.
Sofort ward beschlossen, den Feind anzugreifen. Zunächst begann Friedrich Karl
allein den Angriff; in aller Frühe brach er auf; doch der Vormarsch ging sehr
langsam; der Boden war vom Regen aufgeweicht, und die Räder der Geschütze
schnitten tief in den lehmigen Boden ein. Um 9 Uhr griff auch Herwarth von
Bittenfeld mit ein. Die Geschosse der an Zahl weit überlegenen Feinde richteten
viel Unheil an, aber die Tapferen wichen nicht zurück. 6 Stunden lang hielt
Fransecky mit seinem Corps gegen eine dreifache Übermacht in dem Walde vor
Sadowa stand; als er dann doch bis auf ein Dorf zurückweichen mußte, rief
er aus: „Nicht weiter zurück, hier sterben wir!"
Schon um 8 Uhr erschien der König auf dem Schlachtfelde. Sofort übernahm er den
Oberbefehl. Ruhig und majestätisch sitzt er auf seinem schwarzen Streitrosse, ihm zur Seite
befinden sich Bismarck, Moltke, Roon. Unverwandt ist sein Blick auf die Schlachtreihen
gerichtet. Dicht neben ihm schlagen Granaten in die Erde, aber er merkt nicht die Gefahr,
in der er schwebt. Da reitet Bismarck an ihn heran und bittet ihn dringend, sich nicht so
großer Gefahr auszusetzen. Freundlich entgegnete er: „Wie kann ich davonreiten, wenn
meine brave Armee im Feuer steht!"
Um 2 Uhr stiegen in östlicher Richtung kleine Rauchwolken ans. Der
Kronprinz war eingetroffen und hatte sofort den Feind angegriffen. Jetzt konnten
sich die Östreicher nicht lange mehr halten; immer mehr wurden sie zurückge¬
drängt, und bald begannen sie zu fliehen. Um 4 Uhr stellte sich der König selbst
an die Spitze der Reiterei und leitete die Verfolgung. An die Königin sandte
er folgende Depesche: „Einen vollständigen Sieg über die östreichische Armee
haben wir heute in einer achtstündigen Schlacht erfochten. Ich preise Gott für
seine Gnade. Der Gouverneur soll Viktoria schießen." Nun ging es gerade
auf Wien los.
4. Friede. Da bat der Kaiser von Östreich um Waffenstillstand, der ihm
auch gewährt wurde. Am 23. August kam der Friede zu Nikolsburg zustande.
In diesem wurde festgesetzt, daß Schleswig-Holstein, Hannover, Kurhessen, Nassau
und Frankfurt a. M. an Preußen fallen sollten. Östreich mußte aus dem
deutschen Bunde ausscheiden. Preußen errichtete nun unter seiner Führung den
„norddeutschen Bund" und schloß mit den süddeutschen Staaten ein Schutz- und
Trutzbündnis, demzufolge der König von Preußen für den Fall eines Krieges
den Oberbefehl auch für alle Truppen der süddeutschen Staaten erhielt.