Full text: Anschaulich-ausführliches Realienbuch

Gebiet der Do nau - 
— Ungarn- 
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städte (Kremnitz, Neusohl :c.) gleichfalls um 114! ins Land gerufen worden sind. In 
alten Urkunden heißen sie Flandreuses und Teutonia; unter ersteren sind Niederländer 
nud Frieseu zu verstehen — diese Elemente lassen sich aus der Mundart und ans den 
Familiennamen mit Sicherheit nachweisen —, unter letzteren, die zugleich mit den be- 
nachbarten Niederländern gekommen sein mögen, rheinische Franken. Alte Sagen von 
der Zusammengehörigkeit der Zipser und Siebenbürger Sachsen beruhen gewiß aus 
Wahrheit und werden durch eiue genaue Betrachtung der Mundarten bestätigt. Stets 
freie Leute ohue Adel, hatten die Sachsen — seit dem 4. Jahrzehnt des 13. Jahrh. 
ohne zuverlässig nachweisbaren Grund so genannt — große Privilegien, die sie bis zn 
den neuesten Verfaffnngskämpfen, nnd was die freisinnige, autonome Kirchenverfafsuug 
betrifft, auch gegenwärtig noch bewahrt haben- Das Großfürstenthum Siebenbürgen, 
bald von Ungarn getrennt, bald — und auch seil 1867 wieder — eng mit demselben 
verbunden, hatte ehemals seinen eigenen Landtag in Hermannstadt, wo Abgesandte des 
Adels und des Klerus, der Sachsen, der kgl. Freistädte der Magyaren und Szekler in lateinischer 
Sprache Beschlüsse faßten, die der Durchsicht der siebenbürgischen Hofkammer in Wien 
und der Zustimmung des Kaifers unterlagen. In Siebenbürgen wohnen die Sachsen 
im N. (Nösnerland mit Bistritz), im SO. (Burzeulaud mit Kronstadt) und im S. 
(Königsboden mit Hermanustadt, Mediasch, Schäßburg und Großscheuk); sie sind 224,000 S. 
stark (102/3% der Gesammtbevölkerung von 2*/,o Will.) nnd anerkanntermaßen die 
Träger der Knltnr im Lande. Schmerzlich mnß es nns deshalb berühren, wenn wir 
hören, wie infolge der seit 1867 wie in ganz Ungarn, so auch in Siebenbürgen mit 
der gesammten Staatsmacht betriebenen gewaltsamen Magyarisirnng und Unterdrückung 
der deutschen Sprache in Schule, Kirche, Amt und öffentlichem Leben, die Sachsen ihre 
Sprache aufgeben sollen, einem Volksstamme gegenüber, der in seiner Gesammtheit weit 
unter den Deutscheu steht und vielfach deutschen Fleiß ausbeutet- — Außer den Sachsen 
finden sich, abgesehen von den Städten, noch viele Tansende, ja Hunderttausende später 
ins Land gezogener Kolonisten aus Oesterreich und Baiern im Laude, Schwaben ge- 
nannt, meistens katholisch — die Sachsen sind Protestanten — und ohne die bevorzugte 
Stellung der Sachsen. Die wichtigsten dieser deutscheu Sporaden sind (nach S chröers 
sorgfältigen Untersuchungen) folgende: in der Kraschauer Gespanschaft (SO. Ungarns) 
nm Kraschan und Orawitza eine große deutsche Sprachinsel beinahe so groß als die 
der Siebenbürger Sachsen; mindestens eben so groß ist die in Torontal (zw. Maros, 
Theiß und Bega) bei Groß-Miklos und Hatzfeld; in Temes gilt Temesvar als deutsche 
Stadt mit deutschem Theater, rein deutsche Orte sind hier auch Lippa mit Umgebung 
und St. Andreas; unter Serben eine beträchtliche deutsche Sprachinsel bei Peter- 
wardein; deutsche Sprachinseln unter Serben und Magyaren treffen wir ferner in den 
Comitaten Arad, Bacska (zw. Donau und unterer Theiß), Tolma (£). vom Plattensee) 
nnd Baranya (Fünfkirchen), in letzterem 278 dentsche Ortschaften: die schwäbische Türkei ge- 
nannt; Deutsche finden sich am VerteSgebirg (Stnhlweißenburg) nnd im Bakonyerwald, eine 
bedeutende deutsche Sprachinsel nmschließt Pest-Ofen; die sächsischen Bergstädte Kremnitz, 
Schemnitz, Neusohl :c. mit den Häudörfern, den sog. Krickerhäuern, Dentschprobnern 
und Handburzeu sind schon erwähnt; ebenso haben wir das von Presburg bis St. 
Gotthard 20 Mlu. lange, bei Oedenbnrg 12 Mln. breite deutsche Sprachgebiet an der 
österr.-steierischen' Grenze Ungarns schon in die deutsche Sprachgrenze mit einbezogen,
	        
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